Diabetologie

Einführung

Matthias Girke, Roland Zerm

Letzte Aktualisierung: 25.06.2015

Einleitung

Der Diabetes mellitus Typ 2 nimmt wie kaum eine andere Erkrankung rasant zu. In Deutschland haben nach aktuellen Erhebungen des Robert-Koch-Instituts ca. 7,2 % der Bevölkerung einen bekannten Diabetes mellitus Typ 2, hinzu kommen weitere 2,1 % an bisher nicht diagnostizierten Erkrankten (1). In der Altersgruppe der 55- bis 74-Jährigen fand sich im Augsburger Raum ein manifester Diabetes mellitus Typ 2 bei 16 % (2).

Vor dem Hintergrund der Biographie des Menschen stellt sich der Typ-1-Diabetes in die Jugendzeit, während der Typ-2-Diabetes vorrangig eine Erkrankung des älteren Menschen ist. Allerdings muss eine zunehmende Häufigkeit des Diabetes mell. Typ 2 und auch des metabolischen Syndroms in jungen Jahren beobachtet werden. Beide Formen führen insbesondere bei ungenügender Blutzuckereinstellung zu mikro- und makrovaskulären Folgeerkrankungen, die über arteriosklerotische Veränderungen der kleinen bzw. großen Gefäße definiert sind. Dies unterstreicht die Grundgeste des Diabetes mell. als Skleroseerkrankung.

Diabetes mellitus Typ 1 – erschwertes Ankommen

Das erste Drittel der Biographie des Menschen dient der Verbindung des seelisch-geistigen Wesens mit der leiblichen Organisation. Der Leib wird zum Instrument des individuellen Menschenwesens gebildet. Das „Ankommen“ des seelisch-geistigen Wesens ist durch den Typ-1-Diabetes infrage gestellt: In der Zeit vor der Einführung der Insulintherapie 1922 durch Frederick Banting endete diese Erkrankung mit dem frühen Tod des Patienten. Mit der nun möglichen suffizienten Einstellung des Zuckerstoffwechsels eröffnet sich eine lange Lebenszeit. Oftmals entsteht dabei die biographische Fragestellung, die die neu gewonnene Lebensmöglichkeit mit Orientierung, Sinnerfüllung und erkennbaren biographischen Zielen in Verbindung bringt.

Die Einstellung des Zuckerstoffwechsels fügt sich demnach in ein erweitertes Therapiekonzept, das bis zu diesen biographischen Fragestellungen reicht.

Diabetes mellitus Typ 2 – vorzeitiges Lösen

Das metabolische Syndrom und der Typ-2-Diabetes stellen sich demgegenüber als ein „vorzeitiges Lösen“ dar. Die Erkrankung führt zu einer je nach Stoffwechsellage mehr oder weniger verkürzten Lebenserwartung.

Dabei treten insbesondere arteriosklerotische Veränderungen, Rhythmusverlust (z. B. reduzierte Herzratenvariabilität) und andere alterstypische Erscheinungen auf. Den Hindernissen des „Ankommens“ in Zusammenhang mit dem Typ-1-Diabetes stellt sich das vorzeitige „Gehen“ beim Typ-2-Diabetes gegenüber.

Anmerkung

Dieser Text basiert auf dem in 2009 veröffentlichten Merkurstab-Artikel Diabetologie (3), einem Vorabdruck des Kapitels Diabetologie aus dem in 2014 im Salumed-Verlag erschienenen Buch Geriatrie (4).

Literaturverzeichnis

  1. Heidemann C, Du Y, Scheidt-Nave C. Wie hoch ist die Zahl der Erwachsenen mit Diabetes in Deutschland? Robert-Koch-Institut Berlin. Verfügbar unter http://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Studien/Degs/degs_w1/Symposium/degs_diabetes.pdf?__blob=publicationFile (18.01.2012).
  2. Rathmann W, Haastert B, Icks A, Lowel H, Meisinger C, Holle R u. a. High prevalence of undiagnosed diabetes mellitus in Southern Germany: target populations for efficient screening. The KORA survey 2000. Diabetologia. 2003;46(2):182–189.
  3. Girke M, Zerm R. Diabetologie. Der Merkurstab. 2009;62(5):444–54.
  4. Girke M (Hg). Geriatrie: Grundlagen und therapeutische Konzepte der Anthroposophischen Medizin. Berlin: Salumed Verlag; 2014.

Neues aus der Forschung

Phase IV-Studie: Kalium phosphoricum comp. bei Reizbarkeit und Nervosität Placebo überlegen
In einer neuen klinischen Studie wurde Kalium phosphoricum comp. (KPC) gegen Placebo an je 77 Patienten pro Gruppe getestet. Eine Post-hoc-Analyse der intraindividuellen Unterschiede nach 6 Wochen Behandlung zeigte einen signifikanten Vorteil von KPC gegenüber Placebo für die charakteristischen Symptome Reizbarkeit und Nervosität (p = 0,020 bzw. p = 0,045). In beiden Gruppen wurden 6 unerwünschte Ereignisse (UAE) als kausal mit der Behandlung zusammenhängend bewertet (Schweregrad leicht oder mittelschwer). Keine UAE führte zu einem Abbruch der Behandlung. KPC könnte daher eine sinnvolle Behandlungsoption für die symptomatische Linderung von Neurasthenie sein. Die Studie ist in Current Medical Research and Opinion frei zugänglich publiziert:  
https://doi.org/10.1080/03007995.2023.2291169.

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