Struma diffusa und Struma nodosa

Matthias Girke, Roland Zerm

Letzte Aktualisierung: 11.05.2017

Krankheitsverständnis

Bei einem zu geringen Eingreifen des seelisch-geistigen Wesens in den Organismus kann sich die Struma diffusa entwickeln. Diese weist somit auf eine Inkarnationsbehinderung von Ich­ und astralischer Organisation. Als Adoleszentenstruma kann sie mit Entwicklungsproblemen beim Übergang von der Kindheit zur Jugend und damit besonderen Herausforderungen in der Pubertätsentwicklung einhergehen. Demzufolge braucht die Struma diffusa nicht nur eine medikamentöse Therapie, sondern stellt grundsätzliche Fragen zur Entwicklung in Kindheit und Jugend.

Beim älteren Patienten kommt es demgegenüber zum Herauslösen der geistig-seelischen Wesensglieder. Die astralische Organisation nimmt sich im Stoffwechsel-Gliedmaßensystem zurück und wirkt nun verstärkt vom Nerven-Sinnessystem aus. Die Dominanz des Nerven­Sinnessystems führt zu Knotenbildung und nodösem Parenchymumbau mit Verhärtungs- und Skleroseprozessen in der Schilddrüse: die Struma nodosa des in der Regel älteren Menschen entsteht. Während also die Struma diffusa durch ein eingeschränktes „Ankommen“ des seelisch-geistigen Wesens und damit Ergreifen des Leibes bis in sein Stoffwechsel-Gliedmaßensystem hinein entsteht, kommt es bei der nodösen Struma zu einer Knotenbildung und Verhärtung des Organs, zum Lösen der astralischen Organisation aus dem Stoffwechsel-Gliedmaßensystem mit dominanter Wirkung vom Nerven-Sinnessystem aus. Kommt es zur klinisch manifesten Hyperthyreose durch die dekompensierte Autonomie auf dem Boden einer Struma nodosa, so orientiert sich die astralische Organisation zum Nerven-Sinnes-System.

Strumaentwicklung, Jodmangel, Schwangerschaft

Jod führt die astralische Organisation in eine verstärkte Verbindung mit dem Organismus. Insofern kann das Jod einer Strumaentwicklung entgegenwirken. Der Jodmangel ist aber nicht die einzige Ursache der Strumagenese. So weist die bei Eisenmangel eingeschränkte Jodwirksamkeit auf die Bedeutung des Eisens für die leibergreifende Wirksamkeit der astralischen und der Ich-Organisation. Auch ist eine familiäre, genetische Komponente zu berücksichtigen, die als Ausdruck für die konstitutionell veränderte Wesensgliederwirksamkeit angesehen werden kann. In der Schwangerschaft kommt es zur Vergrößerung der Schilddrüse, da sich Astralleib und Ich-­Organisation der Mutter zurückziehen, um einem die Inkarnation suchenden Menschenwesen Raum zu geben. In dieser Situation kann es entsprechend zu einer Zunahme der Strumaprävalenz kommen (1). Ein ähnlicher Gesichtspunkt ergibt sich für die Veränderungen des Schilddrüsenvolumens während des Menstruationszyklus (2).

Medikamentöse Therapie

Die Schilddrüse ist nicht nur jod­, sondern auch selenreich (3). Einige Selenoproteine können die abbauenden, mit der astralischen Organisation zusammenhängenden, Prozesse ausgleichen und sind in dieser Funktion mit den aufbauenden Lebensprozessen der ätherischen Organisation verbunden. Während also die astralische Organisation mit dem Jod verbunden ist, ist es die ätherische in mancher Beziehung mit dem Selen. Die Empfehlungen Steiners zum therapeutischen Einsatz des Kupfers bei Morbus Basedow, das wie das Selen mit antioxidativen Prozessen in Verbindung steht, bekommen unter diesem Aspekt eine weitere Bedeutung. Jod wird dann gegeben, wenn die astralische Organisation zu einem verstärkten Eingreifen in die Wirksamkeit des ätherischen Organismus geführt werden soll. Jod betont den Bewusstseinspol des Menschen und führt zum Erwachen der astralischen Organisation. Diese Qualität ist bei der inzwischen nahezu flächendeckenden Jodsubstitution zu berücksichtigen. Gerade in der Kindheit ist dabei auf die individuelle Konstitution zu achten, ob ein Kind seinem Bewusstsein nach eher wach oder träumend und fantasievoll erscheint. Die gesunde Entwicklung des Bewusstseins in der Kindheit braucht ihre Zeit. Sie darf nicht im Sinne der Frühintellektualisierung „überholt“, durch Jodsubstitution unphysiologisch beschleunigt oder im physiologischen „Erwachen“ behindert werden. Diese Gesichtspunkte sind bei der Jodtherapie zu berücksichtigen. Es besteht allerdings ein Unterschied, ob mineralische Jodpräparationen eingesetzt werden oder ein Präparat, das aus dem Lebenszusammenhang z. B. einer Pflanze gewonnen wird. Ein Arzneimittel, z. B. aus dem Meerschwamm, dem Gerüst eines netzförmigen Tierskelettes aus Kieselsubstanz, das einen hohen Jodgehalt aufweist, kann das Jod in einem durch die Lebensprozesse bereits gestalteten Substanzzusammenhang wirksam werden lassen.

  • Spongia D1 Dil./Rezepturpräparat: 1x tgl. 15 Tr. morgens mit Wasser verdünnt oder
  • Spongia D2, D3 Trit./Rezepturpräparat (z. B. Apotheke an der Weleda): 1x tgl. 1 Msp. morgens

Spongia tosta enthält in der D1 im Mittel 100 μg Jod in 8 Tropfen (4). Es kann in der Therapie der diffusen Struma und in denjenigen Erkrankungssituationen der Schilddrüse eingesetzt werden, die durch eine Dominanz des Ätherischen bei zu geringem Eingreifen der astralischen Organisation charakterisiert sind.

In der Behandlung der Struma diffusa und nodosa kommt Colchicum autumnale eine wesentliche Bedeutung zu. Diese zur „Unzeit“ blühende Pflanze entwickelt in ihrer mächtigen Blütenorganisation die Signatur ausgeprägten astralischen Wirkens. Mit ihr steht das potente, lebenshemmende Mitosegift Colchicin in Zusammenhang. Colchicum hat eine regulative therapeutische Funktion: Durch seine astralisierende Qualität kann es zu einer verstärkten Wirksamkeit der astralischen Organisation im menschlichen Organismus führen. Diese Wirksamkeit wird bei der Strumatherapie gebraucht. Umgekehrt kann es bei der Hyperthyreose die Dynamik der aktivierten astralischen Organisation abnehmen und durch seine starke ätherische Organisation ausgleichen. Viele Patienten berichten während der Colchicumtherapie über einen verbesserten Schlaf (5, S. 485 ff). Somit kann Colchicum bei vergrößerter Schilddrüse, bei einer Hyperthyreosesymptomatik und bei latenter Hyperthyreose eingesetzt werden (6, 7).

  • Colchicum, Tuber Rh D3, Dil./Weleda: 3x tgl. 10­20 Tr.

Die Wirksamkeit der astralischen Organisation kann darüber hinaus durch Chelidonium unterstützt werden. Chelidonium führt die astralische Organisation zu einem verstärkten Eingreifen in die Verdauungsorganisation und damit in das Stoffwechsel­System. Ein wichtiges Arzneimittel in der Strumatherapie, das Colchicum und Chelidonium umfasst, ist:

  • Colchicum comp. Glob./Wala: 3x tgl. 10 Glob.
  • Colchicum comp. Amp./Wala: 1x tgl. 1 Amp. s.c. oder als Trinkampulle morgens
  • Colchicum comp. Dil. /Weleda: 3x tgl. 20 Tr.

Das Kompositum verbindet das potenzierte Spongia mit weiteren Arzneimitteln, die die Wesensgliederwirksamkeit bei der Strumaentwicklung aufgreifen. Das darin enthaltene potenzierte Arsen führt zu einer Energisierung des astralischen Wirkens und damit zu einem verstärkten Eingreifen im Sinne der Bewusstseinsentwicklung. Das Colchicum verstärkt in der beschriebenen Weise das astralische Wirken im Organismus. Chelidonium betont den Zusammenhang mit der Stoffwechselorganisation und verstärkt die Wirksamkeit von Astralischer- und Ich­Organisation in der Gallenfunktion. Die metamorphotische Beziehung der Leber und Gallenorganisation zu Schilddrüse und Kehlkopf liegt dieser Wirksamkeit zugrunde. Durch das ebenfalls eingearbeitete Organpräparat erfolgt die Ausrichtung dieser Komposition auf die Schilddrüse.

Als lokale Anwendungen, u.a. auch bei Globusbeschwerden, kommen in Betracht:

  • Thyreodoron Ung./Weleda: 1x tgl. auf die Schilddrüsenregion auftragen
    oder
  • Colchicum comp. Ung./Wala: 1x tgl. auftragen
  • Ferrum metallicum praep. 0,4% Ung./Weleda: 1x tgl. auftragen (8)

Die inkarnatorischen Qualitäten des Eisens machen es verständlich, dass positive Erfahrungen mit der lokalen Ferrum­Anwendung bei Struma­Patienten bestehen (8). Die Wirksamkeit von Astralleib und Ich­Organisation im Stoffwechsel­Gliedmaßensystem kann durch die Schwefelverbindung des Eisens unterstützt werden:

  • Pyrit D4/D6 Trit./Weleda: 1­3x tgl. 1 Msp.

Postoperative Arzneitherapie

Der an einer Struma operierte Patient braucht in der Regel eine postoperative Therapie. Diese besteht oftmals in L­Thyroxin in substitutiver Indikation. Darüber hinaus führt der in der Struma sichtbar gewordene Krankheitsprozess zu typischen Beschwerden, denen begegnet werden kann mit:

  • Colchicum, tuber Rh D3 Dil./Weleda: 1x tgl. 15­20 Tr. morgens
    oder
  • Colchicum comp. Dil./Weleda: 1x tgl. 10­20 Tr. morgens
    und
  • Spongia D1 Dil./Rezepturpräparat: 1x tgl. 16 Tr. (enthalten im Mittel 200ug Jodid, 69 Vol. % Alkohol) morgens in Wasser verdünnt
    oder
  • Spongia D2/D3 Trit./Rezepturpräparat (z. B. Apotheke an der Weleda): morgens und evtl. mittags 1 Msp.

Die Therapieindikation richtet sich nach den Beschwerden oder dem im Falle einer Rezidivstruma erkennbaren Krankheitsprozess. Bei müde und erschöpft wirkenden Patienten mit depressiver Stimmungslage wird empfohlen:

  • Hypericum Auro cultum D2 Dil./Weleda: 3x tgl. 20 Tr.
    oder
  • Hypericum Auro cultum Rh D3 Dil./Weleda: 3x tgl. 20 Tr.
  • Levico comp. Amp./Wala: bis 1x tgl. 1 Amp. s.c. morgens
    oder
  • Levico comp. Globuli/Wala: 3x tgl. 10 Glob.

Bei weiterbestehendem Globusgefühl und innerer Unruhe:

  • Colchicum tuber Rh D3 Dil./Weleda: 3x tgl. 20 Tr.

Sollte hierdurch keine ausreichende Linderung eintreten:

  • Bryophyllum 50% Trit./Weleda: 3x tgl. 1 Msp.

Bei der insgesamt seltenen Rekurrenzparese oder auch der postoperativen und passageren Dysphonie:

  • Larynx/Apis comp. Amp./Wala: 1x wöch. bis 1 Amp. morgens s.c. oder als Trinkampulle
    oder
  • Larynx/Apis comp. Glob./Wala: 3x tgl. 10 Glob.

Grundsätzlich sollte die postoperative Phase begleitet werden mit (9):

  • Arnica, Planta tota D4 Dil./Weleda: 3x tgl. 20 Tr.

Für die Narbenpflege:

  • Narbengel/Wala:1x tgl. über die Narbe aufgetragen

Körpertherapie, Pflege und übende Verfahren

Hinsichtlich der Anwendung der künstlerischen Therapie ist der Hinweis Rudolf Steiners wesentlich, einer Schilddrüsenvergrößerung durch eine gesangartige Sprachweise zu begegnen (10, S. 87). Die in der Strumabildung wirksamen, aufbauenden Lebensprozesse werden durch die Tätigkeit des unmittelbar benachbarten Kehlkopfes durchtönt. Die höheren Wesensglieder begrenzen die überschießende proliferative Lebendigkeit. In der Sprache und ihrer Verbindung zum Kehlkopf wird durch den Patienten eine Qualität aktiv aufgegriffen, die in der Wirksamkeit von Ferrum und Chelidonium mit ihrer Beziehung zur Kehlkopf­ und Gallenorganisation bereits therapeutisch veranlagt ist. Zu den unter der Schwelle des wachen Bewusstseins wirkenden Arzneimitteln fügt sich die bewusst intendierte therapeutische Aktivität in der sprachkünstlerischen Therapie, Eurythmietherapie und der inneren Arbeit (11, S. 517-522).

Die grundlegende sprachtherapeutische Übung Steiners fügt vokalische und konsonantische Laute in eine therapeutische, die Wesensgliederwirksamkeit der mit einer Struma einhergehenden Schilddrüsenerkrankungen aufgreifenden Reihenfolge zusammen. Die Sprache soll durch ihre Laute, Rhythmen, Alliterationen wirken und nicht durch ihren „Sinn“. Die gedankliche Suche nach dem Sinn lähmt die therapeutische Wirkung der Laute. Im Sprechen soll nicht das gedankengetragene Bewusstsein, sondern das Lauterleben und Lautgestalten angesprochen werden.

An Angegebenes sieh innig hin.
Wiege Wagnis wenig wegen Wogenwind.
Bete bittend und tue die Tat.
Gib biegend die Gabe ab.
Kein Nickel lasse sich auch im Kasten kleben.
Wenn wüstes Wasserstauen wenig wohl winkt wird winzig.
Errette redend den netten Retter redender Erdenrede.

In der vokalisch betonten ersten Zeile wird das seelische Erleben von den im Gaumenbereich gebildeten A über das E und schließlich I in den vorderen Mundbereich geführt (12). Die Vokalfolge führt aus dem Stoffwechselsystem (Gaumen des Mundraumes) über das Rhythmische System zum Nerven-Sinnessystem (der sensible vordere Bereich des Mundraums mit Lippen, Zähnen). Dabei hat die Vokalfolge A, E und I hat eine inkarnatorische Qualität: Die astralische Organisation kommt aus dem Umkreis und verbindet sich mit dem Organismus. Aus der staunend-träumenden Stimmung des A entwickelt sich ihr Erwachen und „Bei-sich-Sein“ mit dem E und I. Aus diesem entsteht die leibergreifende Willensaktivität der Ich-Organisation: Das W in der zweiten und spiegelbildlich sechsten Zeile gehört zu den wärmeverwandten Blaselauten. Die letzte Zeile dieser Übung betont das R. Dieser Laut steht durch seine „zitternde“ Bewegung im Luftraum mit der astralischen Organisation in Verbindung. Das R kann im Gaumen, aber auch mit der Zunge und schließlich mit den Lippen gebildet werden. Damit umgreift es die gesamte Dreigliederung und kann die astralische Organisation aus dem Nerven-Sinnes-System über das Rhythmische System in das Stoffwechsel-Gliedmaßen-System führen (und umgekehrt). Durch die beschriebenen Vokal- und Konsonantenfolgen können sich die astralische und die Ich-Organisation verstärkt mit dem Organismus verbinden und damit die Wesensgliederwirksamkeit bei der Struma ausgleichen. Bei einer zu starken, durch die Ich-Organisation nicht gelenkten astralischen Aktivität (z. B. beim Morbus Basedow) sind die formenden Konsonanten therapeutisch wirksam.

In der Sprachtherapie wird durch die Aktivität des Patienten die Wesensgliederwirksamkeit therapeutisch gestaltet. Patienten bemerken, wie sie durch die Sprache in eine verstärkte Verbindung mit ihrem Organismus kommen. In der Nachruhe konsolidiert sich das Erübte zur Fähigkeit, sogar verstärkt durch den Schlaf. Sie ist deswegen für die therapeutische Wirksamkeit entscheidend.

Eurythmietherapie

Der Struma diffusa und nodosa liegt eine zu geringe Verbindung des seelisch-geistigen Wesens mit der Lebens- und der physischen Organisation zugrunde. Somatische Faktoren, aber auch seelische und geistige Bedingungen als auch biographische Ereignisse können zu dieser veränderten Wesensgliederkonstitution führen. Über die Eurythmietherapie wird die physiologische Verbindung des seelisch-geistigen Wesens mit seinem Leib harmonisiert (13). Eine grundlegende Übung ist die konsonantierende Lautfolge
L M S.
L unterstützt die aufbauende Wesensgliederwirksamkeit, S kann je nach seiner Bewegungsqualität Gestaltungskräfte, aber auch Dynamik und Wärme im Organismus anregen. Das M hat eine zwischen dem aufbauenden Stoffwechselsystem und dem formenden Nerven-Sinnes-System vermittelnde, rhythmische Qualität.

Eine weitere wichtige Übung in der Schilddrüsenheilkunde ist aus vokalen und Konsonanten komponiert:
S M I A.
Zu den beschriebenen Qualitäten von S und M kommen nun die Vokale I und A. A hat einen intensiven Bezug zur astralischen Organisation und kann diese sowohl in das Stoffwechsel-Gliedmaßensystem leiten (A-Geste nach unten geführt) oder – bei der Hyperthyreose – zu einer aus der Unruhe und Anspannung lösenden Funktion beitragen. Das I ist mit der Ich-Organisation verbunden und unterstützt deren Wirksamkeit.

Wirksamkeit, Evidenz, Einzelfallberichte

Die Arzneimittelwahl und nichtmedikamentösen Therapieindikationen leiten sich konzeptionell aus dem anthroposophischen Krankheitsverständnis und dem daraus folgenden Therapiebedarf ab. Die Beurteilung der Wirksamkeit ergibt sich als interne Evidenz aus dem Therapieverlauf. Klinische Erfahrungen zu den einzelnen Arzneimitteln sind in der Fachliteratur (siehe z. B. 14-16) und im Vademecum Anthroposophischer Arzneimittel (17) verzeichnet.

Studien zur externen Evidenz dokumentieren Ergebnisse von Behandlungen an definierten Kollektiven, die in der Vergangenheit liegen. Als solche sind sie eine wertvolle Basis, um prospektiv die potenzielle Wirksamkeit einer therapeutischen Maßnahme in einer gegenwärtigen Anwendung einzuschätzen. Ob diese allerdings wie vermutet eintritt, muss – nicht zuletzt bei großen number needed to treat (NNT) – durch die ärztliche Beurteilung des Einzelfalles entschieden werden. Der Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit im aktuellen Behandlungsfall ist bereits früh von Rudolf Steiner gefordert worden (18, S. 118). Kennt man die im Zusammenhang mit einer therapeutischen Maßnahme zu erwartende Wirksamkeit, so lässt sich im Falle ihres Nachweises in der Behandlung des Patienten die Wirksamkeit des Therapeutikums im Sinne der internen Evidenz feststellen:

„Und das ist so wichtig bei unserer Methode, dass wir nicht äußerlich probieren und durch Statistiken feststellen, sondern rationell voraussagen, was eintreten muss, und dass dann geprüft werden kann, schon im allerersten Stadium dessen, was eintritt, ob man tatsächlich die entsprechenden Wirkungen hervorbringt.“ (18, S. 118)

„Das Gewahrwerden der Idee in der Wirklichkeit“ (19, S. 126) ist Grundelement des Erkennens und erscheint hier in seiner Anwendung in der Wirksamkeitsbeurteilung einer therapeutischen Maßnahme. Das begriffliche Prinzip des Arzneimittels muss also in der klinischen Erfahrungswelt gefunden werden. Erst durch die Zusammenführung von Begriff und Wahrnehmung wird Evidenz im erkenntnistheoretischen Sinne erreicht (20), (21, S. 121-134). Dieser Ansatz liegt der von Helmut Kiene entwickelten Methodologie der Cognition-based Medicine zugrunde (22).

Literaturverzeichnis

  1. Knudsen N, Laurberg P, Perrild H, Bülow I, Ovesen L, Jørgensen T. Risk factors for goiter and thyroid nodules. Thyroid 2002;12(10):879-888.[Crossref]
  2. Redmond GP. Thyroid dysfunction and women’s reproductive health. Thyroid 2004;14 (Suppl. 1):5-15.[Crossref]
  3. Duntas LH. In my view. The role of selenium in thyroid autoimmunity and cancer. Thyroid 2006;16(5):455-460.[Crossref]
  4. Vgl. Euspongia officinalis. In: Homöopathisches Arzneibuch 2016 (HAB 2016). Amtliche Ausgabe. Stuttgart: Deutscher Apotheker Verlag; 2016.
  5. Girke M. Innere Medizin. 2. akt. und erg. Aufl. Berlin: Salumed Verlag; 2012.
  6. Girke M, Kröz M. Colchicum autumnale in der Therapie der latenten und manifesten Hyperthyreose. Der Merkurstab 2001;54(4):244-249.
  7. Scheffer C, Debus M, Heckmann C, Cysarz D, Girke M. Colchicum autumnale in patients with goitre with euthyroidism or mild hyperthyroidism: indications for a therapeutic regulative effect – Results of an observational study. Der Merkurstab 2016;69(6):439-445.
  8. Scheurle HJ. Ferrum met.-0,4%-Salbe bei Schilddrüsenstörungen. Der Merkurstab 1993;46(4):346-352.
  9. Karow JH, Abt HP, Fröhling M, Ackermann H. Efficacy of Arnica montana D4 for healing of wounds after Hallux valgus surgery compared to diclofenac. The Journal of Alternative and Complementary Medicine 2008;14(1):17-25.[Crossref]
  10. Steiner R. Über Gesundheit und Krankheit. Grundlagen einer geisteswissenschaftlichen Sinneslehre. GA 348. Vortrag vom 2.12.1922. 4. Aufl. Dornach: Rudolf Steiner Verlag; 1997.
  11. Girke M. Innere Medizin. Grundlagen und therapeutische Konzepte. 2. akt. und erg. Aufl. Berlin: Salumed Verlag; 2012.
  12. Denjean-von Stryk B, Unterbusch R. An Angegebenes sich innig hin. In: von Bonin D (Hg.) Materialien zur Therapeutischen Sprachgestaltung. Dornach: Verlag Förderstiftung Anthroposophische Medizin im Verlag am Goetheanum; 2008:106-115.
  13. Siehe auch von Laue HB, von Laue EE. Zur Physiologie der Heileurythmie. Lautgesetze und Therapieordnungen. 2. überarb. Aufl. Dornach: Verlag am Goetheanum; 2016.
  14. Scheffer C, Debus M, Heckmann C, Cysarz D, Girke M. Colchicum autumnale in patients with goitre with euthyroidism or mild hyperthyroidism: indications for a therapeutic regulative effect – Results of an observational study. Der Merkurstab 2016;69(6):439-445.
  15. Girke M, Hildebrand-Fenner J, Kröz M. Kasuistik zu einer Behandlung einer Patientin mit Morbus Basedow. Der Merkurstab 2004;57(5):370-372.
  16. Scheurle HJ. Ferrum met.-0,4%-Salbe bei Schilddrüsenstörungen. Der Merkurstab 1993;46(4):346-352.
  17. Vademecum Anthroposophische Arzneimittel. 3. erw. Aufl. Supplement Der Merkurstab; 2013.
  18. Steiner R. Anthroposophische Menschenerkenntnis und Medizin. GA 319. 3. Aufl. Dornach: Rudolf Steiner Verlag; 1994.
  19. Steiner R. Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften. GA 1. 4. Aufl. Dornach: Rudolf Steiner Verlag; 1987.
  20. Steiner R. Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung. GA 2. 8. durchges. Aufl. Dornach: Rudolf Steiner Verlag; 2003.
  21. Girke M. Wirksamkeitsnachweis und Nutzenbewertung in der Medizin. In: Girke M. Innere Medizin. Grundlagen und therapeutische Konzepte . 2. akt. und erg. Aufl. Berlin: Salumed Verlag; 2012.
  22. Kiene H. Komplementäre Methodenlehre der klinischen Forschung. Cognition-based Medicine. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag; 2001. Kostenlos verfügbar unter:http://www.ifaemm.de/Abstract/PDFs/CBM_Buch.pdf

Neues aus der Forschung

Phase IV-Studie: Kalium phosphoricum comp. bei Reizbarkeit und Nervosität Placebo überlegen
In einer neuen klinischen Studie wurde Kalium phosphoricum comp. (KPC) gegen Placebo an je 77 Patienten pro Gruppe getestet. Eine Post-hoc-Analyse der intraindividuellen Unterschiede nach 6 Wochen Behandlung zeigte einen signifikanten Vorteil von KPC gegenüber Placebo für die charakteristischen Symptome Reizbarkeit und Nervosität (p = 0,020 bzw. p = 0,045). In beiden Gruppen wurden 6 unerwünschte Ereignisse (UAE) als kausal mit der Behandlung zusammenhängend bewertet (Schweregrad leicht oder mittelschwer). Keine UAE führte zu einem Abbruch der Behandlung. KPC könnte daher eine sinnvolle Behandlungsoption für die symptomatische Linderung von Neurasthenie sein. Die Studie ist in Current Medical Research and Opinion frei zugänglich publiziert:  
https://doi.org/10.1080/03007995.2023.2291169.

Weiterführende Informationen zur Anthroposophischen Medizin