Sind "Patientenverfügungen" ein geeignetes Mittel für ein "Sterben können in Würde"? Kritische Überlegungen aus beziehungsethischer Sicht
Der Merkurstab 2002;55(2):116-129.
Artikel-ID: DMS-18040-DE
DOI: https://doi.org/10.14271/DMS-18040-DE
Mit Hilfe von „Patientenverfügungen" soll der erklärte Wille vieler Menschen nach einem „Sterben können in Würde" verbindlich umgesetzt werden, insbesondere, wenn ein Schwerkranker und Sterbender nicht mehr selbst zur Einwilligung fähig ist. Eigene klinische Erfahrungen sowie kritische Stellungnahmen der Autoren dieses Artikels, insbesondere das Interview von Klaus Dörner (23), waren Anlass, die in der Diskussion um „Patientenverfügungen" vorgebrachten Argumente wie Menschenwürde, Selbstbestimmung, Lebensrecht und ein „Sterben können in Würde" hinsichtlich ihrer historischen Hintergründe, ethischen Dimensionen und impliziten sozioökonomischen Zielstellungen einer genaueren Betrachtung zu unterziehen.„Patientenverfügungen" beschneiden die prinzipielle Unverfügbarkeit menschlichen Lebens zugunsten individueller Autonomiebestrebungen „formularmechanisch"; sie verletzen die in der vertrauensvollen Arzt-Patient-Beziehung grundgelegte Fürsorge für den Anderen als Konstituens der Menschenwürde und des „Gut Menschseins". Statt ein „Sterben können in Würde" zu fördern, scheinen „Patientenverfügungen" eher geeignet zu sein, die Arzt-Patient-Begegnung auszuhöhlen zugunsten einer weiteren Verrechtlichung, einer vorzeitigen Therapiebeendigung und Selbstschädigung auf Grund fremdbestimmter Interessen und kostenkalkulatorischer„Pflichten". Es besteht darüber hinaus die ernste Gefahr, dass „Patientenverfügungen" zum „Türöffner" für eine aktive „Euthanasie" werden und den humanen Anliegen von Palliativmedizin und Hospizarbeit zuwider laufen.