Arzneitherapie bei Ödemen

Matthias Girke

Letzte Aktualisierung: 01.03.2019

Die Ödemtherapie richtet sich nach der Ödemursache und -manifestation im Organismus, verstärkt die Diurese und orientiert sich an den in diesem Zusammenhang auftretenden Beschwerden des Patienten. So werden unter der diuretischen Medikation oftmals Schwäche, Hypotonie und Müdigkeit berichtet. Ödeme entstehen, wenn sich das seelisch-geistige Wesen von der Lebensorganisation und dem physischen Körper löst. Anasarka bezeichnet eine Ödembildung im Bereich der Subkutis und ist meist Ausdruck der geschwächten Lebensorganisation des Patienten. Seltener kann die astralische Organisation zu Stauungsprozessen mit generalisierter Ödembildung führen.

In der multimodalen Ödemtherapie wird demzufolge die Wiedereingliederung des seelisch-geistigen Wesens des Patienten unterstützt und die geschwächte Lebensorganisation gestärkt.

Periphere Ödeme und Anasarka

Abschwellende, stauungslösende Äußere Anwendungen

  • Zur lokalen Anwendung bei z. B. Beinödemen:
    Wickel mit Borago-Essenz 20 % WALA, WELEDA 6 ml in 300 ml Wasser lösen, Wickel: Fußrücken bis Waden bzw. Leiste (1)
    Durchführung siehe auch: 
    http://www.pflege-vademecum.de/boragoessenzwickel.php
    Hauttonikum WELEDA 1–2 x tgl. Arm- oder Beineinreibung

  • Bei Ödemen verschiedener Lokalisation, insbesondere beim müden, eventuell leicht bewusstseinsgetrübten Patienten:
    Citruswickel , Zitronenumschläge an Rumpf, Unterschenkeln, Unterarmen – abwechselnd kühle Umschläge (2)

Borago hat eine tonisierende Wirksamkeit auf die Lebensorganisation, Citrus aktiviert die Empfindungsorganisation.

  • Ödemtherapie und Ödemprophylaxe:
    Venadoron® Gel WELEDA täglich

  • Lymphödem:
    Wickel mit Borago-Essenz 20 % WALA, WELEDA in 1 l Wasser lösen (1)
    Borago comp. Amp. WALA tgl. 1 Amp. s.c.
    Quarkwickel, 1–2 x tgl.
    Durchführung siehe: 
    http://www.pflege-vademecum.de/quarkauflage.php

Diuretische Therapie

Die Therapie mit Diuretika führt einerseits zur vermehrten Flüssigkeitsausscheidung, andererseits oftmals zu Erschöpfung, Müdigkeit, Hypotonie. Diese Beschwerden des Patienten entstehen durch das schwache Eingreifen der Wesensglieder: Das geistige und seelische Wesen des Patienten ist nur unzureichend im Organismus wirksam. Kommt es dabei zu einer zum Nerven-Sinnessystem orientierten Wirksamkeit, so entwickelt sich eine Thromboseneigung. Entsprechend braucht die diuretische Therapie eine begleitende, an diesen Beschwerden des Patienten orientierte Behandlung. Sie bezieht sich auf die zugrundeliegende, eingeschränkte Wirksamkeit der Wesensglieder.

  • Bei Erschöpfung und Müdigkeit:
    Levico D1 Dil. WELEDA, 3 x tgl. 20 Tr.

  • Bei Erschöpfung, Müdigkeit und depressiver Stimmung:
    Levico comp. Amp. WALA, morgens 1 Amp. s.c.

  • Bei Hypotonie und orthostatischer Dysregulation:
    Veratrum album ethanol. Decoctum D3, D4 WELEDA, 3 x tgl. 20 Tr.
    Skorodit Kreislauf Inject Amp. WALA, bis 1 x tgl. s.c.
    Cardiodoron® Dil. WELEDA, 3 x tgl. 20 Tr.

  • Bei Beinödemen und Ulcus cruris:
    Kalium aceticum comp. D6 Amp. WELEDA
    Calendula D3 Amp. WALA
    Iris germanica Rh D3 WELEDA
    Cinis Capsellae comp. Hydrogel lokal auftragen

Hirnödem

  • Oftmals ist bei dem durch Metastasierung oder durch hirneigene Tumore bedingten Hirnödem eine Kortikoidtherapie erforderlich. Sie wird im weiteren Verlauf der klinischen Symptomatik entsprechend angepasst und nach Möglichkeit reduziert.
    Dexamethason 4( 8) mg Tbl., 3x tgl. 1 Tbl.

  • Hierzu wird die strukturierende Wirksamkeit der Arnika und des Weihrauch eingesetzt:
    Arnika planta tota D3–D6 Dil. WELEDA 3 x tgl. 20 Tr.
    Weihrauch/Bosweliasäure

  • Während und nach der Bestrahlung kann eine symptomatische Besserung des Ödems und Ödem  bedingter Beschwerden bringen:
    Solum Inject 10 ml Amp. WALA i.v.

  • Strukturkräfte können angeregt werden mit:
    Stannum met. praep. D8 Amp. WELEDA

  • Bei Bewusstseinsveränderungen und kognitiven Einschränkungen:
    Stibium metallicum praep . D6 Amp. WELEDA 1 ml s.c. oder 10 ml i.v.

  • Helleborus intensiviert die gestaltende Wirksamkeit der astralischen Organisation im Nervensystem. Es wirkt der Ödembildung entgegen und fördert die Bewusstseinsprozesse (3, S. 446 ff). Helleborus kann bei Patienten mit Beschwerden nach einer Strahlentherapie zerebraler Metastasen oder hirneigener Tumore sehr hilfreich sein. Auch die alternierende Gabe von Viscum und Helleborus hat sich verschiedentlich bewährt (3, S. 446 ff). Die Potenzhöhe kann an das individuelle Ansprechen insbesondere hinsichtlich des Bewusstseins angepasst werden.
    Helleborus niger aquos. D4 D6, D12 Amp. HELIXOR morgens 1 Amp. s.c.
    Helleborus niger e planta tota D4, D6, D12 Amp. WALA morgens 1 Amp. s.c.

  • Bei zerebraler Metastasierung muss die Strukturkraft der Nervenorganisation unterstützt werden (4, S. 612 615). Die aufbauend-gestaltenden Kräfte im Nervensystems werden durch das potenzierte Argentum angesprochen, die Vigilanz und Bewusstseinsfunktion kann demgegenüber durch Plumbum unterstützt werden:
    Plumbum metallicum praep. D20 Amp., Trit. WELEDA morgens 1 Amp. s.c./i.v. bzw. 1 Msp.
    Argentum metallicum praep. D20 Amp., Trit. WELEDA abends 1 Amp. s.c./i.v. bzw. 1 Msp.

Die jeweilige Symptomatologie bestimmt sowohl die Arzneimittelwahl als auch die Potenzstufe. So wird der blasse und ausgezehrt wirkende Patient das Silber brauchen, während die kräftige Konstitution, die gegebenenfalls durch einen ausgeprägten Drang zur Nahrungsaufnahme mit kaum zu bremsendem Appetit auffällt – z. B. bei hirneigenen Tumoren, auch unabhängig von einer Kortikoid-Medikation –, einer Bleitherapie bedarf. Die Misteltherapie braucht bei Hirnödem ihre Anpassung: Hohe Dosen können evtl. zu einer Verstärkung des Ödems führen, wobei eine therapeutische Bedeutung des „entzündlichen“ Ödems zu diskutieren ist. Selbstverständlich ist der raumfordernden Qualität und ihrer gegebenenfalls kritischen Lokalisation Rechnung zu tragen.

  • Ein wichtiges Arzneimittel bei zerebraler Metastasierung und hirneigenen Tumoren ist:
    Apis mellifica D30 WALA (ex animale), WELEDA 1–2 x tgl. 1 Amp. s.c. oder per os.

  • Bei sogenannten „Wesensveränderungen“ infolge der cerebralen Metastasierung können eine wesentliche Hilfe sein:
    Olibanum comp. Dil. WELEDA 3 x tgl. 20 Tr.
    Olibanum comp. Amp. WELEDA bis mehrmals tgl. 1 Amp. s.c./i.v.
    Aurum comp. Amp. WALA bis mehrmals tgl. 1 Amp. s.c./i.v.

  • Zur Unterstützung der formenden Kräfte in der Bewusstseinswelt:  
    Stibium metallicum praeparatum D6, 10 ml Amp. WELEDA morgens 1 Amp. i.v.

  • Bei begleitender Unruhe zusammen mit:
    Bryophyllum D5/Conchae D7, 10 ml Amp. WELEDA bis mehrmals tgl. i.v.

  • Bei Einschränkungen der kognitiven Funktionen (Denkfähigkeit, Konzentration, Gedächtnis) nach Strahlentherapie des Zerebrums hat sich bewährt:
    Helleborus niger D4 Amp. HELIXOR morgens 1 Amp. s.c. ggf. zusammen mit
    Arnica Betula comp. Amp. WELEDA bis 1 x tgl. morgens s.c.
    Juglans regia comp. Amp. WALA bis 1 x tgl. morgens s.c.

  • Bei perifokalem Ödem kommen – auch in der Begleitung der Akutphase der Ganzhirnbestrahlung – in Betracht:
    Apis ex animale D12, D20 Amp. WALA, WELEDA tgl. morgens und ggf. abends 1 ml s.c. bzw.
    Bryonia/Stannum Amp. WALA tgl. morgens und ggf. abends 1 ml s.c.
    Solum uliginosum comp. 10 ml Amp. WALA morgens und ggf. abends i.v.
    Solum uliginosum comp. 1 ml Amp. WALA morgens und ggf. abends s.c.

  • Während der Bestrahlung bestehen positive Erfahrungen mit:
    Apis regina comp. Amp. WALA bis 1 x tgl. morgens 1 ml s.c.
    Apis regina comp. Glob. WALA 3 x tgl. 10 Glob.
    Solum Inject 10 ml Amp. WALA 1 x tgl. 1 Amp. i.v.

In der chronischen Phase ist dann weniger auf die entzündlichen als auf die sklerosierenden Auswirkungen zu achten. Positive Therapieerfahrungen bestehen hier mit Helleborus niger D3–D4 zusammen mit Arnica/Betula comp. (s.o.) (5).

Lungenödem und Pleuraerguss

  • Maligner Pleuraerguss:
    Pleurodese
    Talkumpleurodese
    Mistelpleurodese (4, S. 575-576) (6)

Therapieinduktion nach Ablassen der Ergussflüssigkeit mit Abnobaviscum Fraxini ((40–)80–160 mg). Abklemmen der Drainage für 4 Stunden. Ziel ist eine 24 Stunden Ergussmenge von weniger als 100 ml und eine anliegende Lunge (Thoraxaufnahme) über mehr als 48 Stunden. Anderenfalls Wiederholung der Induktion in der Regel jeden zweiten Tag mit Steigerung der Dosis (4, S. 575–576) (6).

  • Bei Schmerz nach Pleurodese:
    Bryonia/Aconit Amp. WALA s.c. bei Bedarf
    Bryonia Stannum Amp WALA s.c. bei Bedarf
    Pleura D 15 Amp. WALA s.c. bei Bedarf

  • Bei anhaltendem Hustenreiz:
    Lavendelöl-Thorax-Wickel 
    Durchführung siehe: 
    http://www.pflege-vademecum.de/lavendeloel-brustauflage.php

  • Bei kardialem Lungenödem:
    Herzinsuffizienztherapie
    Carbo Betulae D8 /Crataegus D2 Amp. WELEDA morgens 1 Amp. s.c.
    Oleum Strophanti Kps. WELEDA 3 x tgl. 1 2 Kps.
    Cardiodoron® 1 % Amp. WELEDA morgens 1 Amp.
    Cardiodoron®/Aurum comp. WELEDA 3 x tgl. 20 Tr.

Perikarderguss

  • Die Perikardese mit Viscum album ist den bisherigen Erfahrungen zufolge effektiv und führt zu anhaltendem Erfolg (4, S. 577):
    abnobaVISCUM Fraxini Amp. ABNOBA

Nach Ablassen des Ergusses werden bei weiterhin liegendem Katheter 40 mg appliziert und mit NaCl über das Schlauchsystem intraperikardial instilliert. Danach wird das System für 4 bis 6 Stunden abgeklemmt. Nach dem Öffnen wird bei weniger als 100 ml für weitere 24 Stunden abgeklemmt und echokardiographisch kontrolliert. Bei einer Ergussproduktion von mehr als 100 ml werden 60–80 mg appliziert und wie beschrieben abgeklemmt. Eine echokardiographische Kontrolle ist erforderlich (4, S. 577) (6). Entsprechende Erfahrungen bestehen mit den anderen Mistelpräparaten, die alternativ bei z. B. intensiver Vorbehandlung mit abnobaVISCUM Fraxini eingesetzt werden können (4, S. 577) (6).

Aszites

Aszites kann hepatisch infolge portaler Hypertension als Ausdruck der stauenden und in die Fibrose führenden, vom Nerven-Sinnessystem dominierten Wesensgliederwirksamkeit entstehen. Auch die Herzinsuffizienz kann zu stauungsbedingtem Aszites führen. Die Einschränkung der Proteinsynthese bei geschwächter Lebensorganisation bedingt den hypoonkotischen Aszites. Weitere häufige Ursachen sind der entzündliche und der tumorassoziierte Aszites (Peritonealkarzinose).

  • Diuretika:
    Reduktion der Kochsalzzufuhr auf weniger als 2 g/d
    Diuretika (Spironolacton, Furosemid)

  • Bei Erschöpfung und Müdigkeit:
    Levico D1 Dil. WELEDA 3 x tgl. 20 Tr.

  • Bei Erschöpfung, Müdigkeit und depressiver Stimmung:
    Levico comp. Amp. WALA tgl. morgens 1 ml s.c.

  • Bei Hypotonie und orthostatischer Dysregulation:
    Veratrum album ethanol. Decoctum D3, D4 Dil. WELEDA 3 x tgl. 20 Tr.
    Skorodit Kreislauf Inject Amp. WALA bis 1x tgl. 1 ml s.c.
    Cardiodoron® Dil. WELEDA 3 x tgl. 20 Tr.

  • Beim frierenden Patienten, kühlen Nierenlagern:
    Ingwer Nierenwickel
    Durchführung siehe: 
    http://www.pflege-vademecum.de/ingwer-nierenkataplasma.php

Beim therapierefraktären Aszites kommen α1- bzw. α2-Antagonisten (Vasokonstriktion im Splanchnikusgebiet) und wiederholte Parazentesen, ggf. ein transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt (TIPS) in Betracht. Bei malignem Aszites sind Diuretika nur bedingt wirkungsvoll, ein Drainagekatheter ist oftmals erforderlich.

Maligner Aszites

  • Es bestehen positive, kasuistische Erfahrungen zur Mistelinstillation bei malignem Aszites:
    Helixor M Amp. HELIXOR 100–200 mg

Intraperitoneale Instillation in 20 ml NaCl 0,9 %. In Abhängigkeit vom Nachlaufen des Aszites erneute Instillation in Abhängigkeit von der Verträglichkeit in jeweils um 200 mg erhöhter Dosis (max. 1000 mg) (4, S. 577) (6).

  • Übelkeit und Völlegefühl (4, S. 1070–1071):
    Nux vomica comp. Amp. WELEDA bei Bedarf s.c.

Nux vomica wird bei Übelkeit mit krampfartigen (und meteoristischen) Beschwerden eingesetzt. Durch die Bitterstoffe wird die prokinetische Verdauungsfunktion verstärkt.

  • Bei meteoristischen und krampfartigen Beschwerden, die mit Übelkeit einhergehen:
    Nux vomica/Nicotiana comp. Amp. WALA

  • Meteoristische Beschwerden:
    Kümmelöl Wickel
    Oleum aethereum Melissae indicum WELEDA bei Bedarf
    Melissenöl WALA bei Bedarf

Äußere Anwendungen haben in der multimodalen Therapie eine große Bedeutung: 
www.pflege-vademecum.de/

Zu Aszites in der Onkologie siehe auch:
https://www.anthromedics.org/PRA-0765-DE

Literaturverzeichnis

  1. Kusserow M. Äußere Anwendungen in der anthroposophisch erweiterten Medizin. Weleda Korrespondenzblätter für Ärzte 1992;11:122-153.
  2. Medizinische Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum.  Heilmittelangaben R. Steiners. Citrus medica.
  3. Gesellschaft anthroposophischer Ärzte in Deutschland, Medizinische Sektion am Goetheanum (Hrsg.) Vademecum anthroposophischer Arzneimittel. 4. Aufl. Der Merkurstab Supplement 2017, Bd. 1.
  4. Girke M. Innere Medizin. Grundlagen und therapeutische Konzepte der Anthroposophischen Medizin. 2. Aufl. Berlin: Salumed Verlag; 2012.
  5. Debus M. Anwendungsmöglichkeiten von Helleborus niger in der Onkologie. Der Merkurstab 2010;63(6):551-557.
  6. Gesellschaft anthroposophischer Ärzte in Deutschland, Medizinische Sektion am Goetheanum (Hrsg.) Vademecum anthroposophischer Arzneimittel. 4. Aufl. Der Merkurstab Supplement 2017, Bd. 2.

Neues aus der Forschung

Phase IV-Studie: Kalium phosphoricum comp. bei Reizbarkeit und Nervosität Placebo überlegen
In einer neuen klinischen Studie wurde Kalium phosphoricum comp. (KPC) gegen Placebo an je 77 Patienten pro Gruppe getestet. Eine Post-hoc-Analyse der intraindividuellen Unterschiede nach 6 Wochen Behandlung zeigte einen signifikanten Vorteil von KPC gegenüber Placebo für die charakteristischen Symptome Reizbarkeit und Nervosität (p = 0,020 bzw. p = 0,045). In beiden Gruppen wurden 6 unerwünschte Ereignisse (UAE) als kausal mit der Behandlung zusammenhängend bewertet (Schweregrad leicht oder mittelschwer). Keine UAE führte zu einem Abbruch der Behandlung. KPC könnte daher eine sinnvolle Behandlungsoption für die symptomatische Linderung von Neurasthenie sein. Die Studie ist in Current Medical Research and Opinion frei zugänglich publiziert:  
https://doi.org/10.1080/03007995.2023.2291169.

Weiterführende Informationen zur Anthroposophischen Medizin