Äußere Anwendungen in der Gesundheits- und Krankenpflege

Rolf Heine

Letzte Aktualisierung: 30.11.2022

Äußere Anwendungen gehören seit den frühesten Anfängen zum Heilmittelschatz der Menschheit. Nicht nur bei Wunden, wenn sich das Köperinnere teilweise nach außen öffnet, wurden Blätter und Pflanzenfasern aufgelegt, auch bei Verletzungen im Körperinnern, bei Knochenbrüchen, Krämpfen, Fieber oder Schmerzen wurde die unmittelbar lindernde Wirkung von warmen oder kalten Umschlägen, von Bädern und Waschungen eingesetzt, um Beschwerden zu lindern und zu heilen. Dabei kamen traditionell Pflanzenauszüge, Öle, Edelsteinverreibungen aber auch tierische Substanzen wie Honig oder Quark äußerlich zum Einsatz.

In der Anthroposophischen Medizin spielen äußere Anwendungen eine bedeutsame Rolle. Sie sind weltweit leicht verfügbar, können meist von Patient:innen und Angehörigen nach einer Instruktion selbst angewendet werden und zeigen oft eine schnelle Linderung von Symptomen. Häufig werden sie in Kombination mit Medikamenten und anderen Therapieformen eingesetzt.

Äußere Anwendungen sind Wickel und Auflagen, Bäder und Fußbäder, Waschungen, Einreibungen oder Massagen. Sie wirken über die hierbei verwendeten Substanzen aus dem Pflanzen-, Tier und Mineralreich, aber auch über Wärme, Kälte, Feuchtigkeit, Trockenheit, Druck oder Sog. Nicht zuletzt kann die fürsorgliche Zuwendung zum Kranken während einer Anwendung ein Gefühl von Geborgenheit und Entlastung vermitteln, welches Stress und Schmerz reduziert und eine positive Wahrnehmung des verletzten Leibes ermöglicht. Dosierung, Rhythmus und Tageszeit der Anwendung sind entscheidende Faktoren. Oft ist eine Anpassung an das Befinden des erkrankten Menschen nötig. Die eingeübte Nähe zum Körper und Alltag der Patient:innen, sowie die Verfügbarkeit in der Nacht, prädestiniert Pflegende zum Einsatz der äußeren Anwendungen gerade in der stationären und der häuslichen Versorgung.

Äußere Anwendungen werden bei körperlichen Beschwerden ebenso wie bei psychosomatischen oder psychiatrischen Erkrankungen eingesetzt. Sie wirken über die Haut, dem größten Sinnesorgan des Menschen, und sind zumeist mit eindrücklichen Sinneseindrücken von Wärme, Duft und Berührung verbunden. Sie stimulieren damit den Organismus, mit vielfältigen physiologischen und psychologischen Reaktionen zu antworten. In dieser Antwort des Körpers liegt die eigentliche Wirkung der Äußeren Anwendung.

Ihr differenzierter Einsatz setzt medizinisches, pharmakologisches und psychologisches Fachwissen voraus. Dieses wird in Fort- und Weiterbildungen für Pflegefachpersonen, Physiotherapeut:innen, Ärztinnen und Ärzten vermittelt.

Obwohl die äußeren Anwendungen in einer sehr langen Tradition stehen, befindet sich ihre Evaluation noch in den Anfängen. Wissenschaftliche Arbeiten liegen u. a. auf dem Gebiet der Onkologie (1), Rheumatologie (2) und bei Wärme- und Stressstörungen (3) vor.

Das „Vademecum Äußere Anwendungen“ hält eine umfassende Beschreibung von Indikationen, Substanzen und Anwendungsformen bereit: www.vademecum.org.  

Neues aus der Forschung

Phase IV-Studie: Kalium phosphoricum comp. bei Reizbarkeit und Nervosität Placebo überlegen
In einer neuen klinischen Studie wurde Kalium phosphoricum comp. (KPC) gegen Placebo an je 77 Patienten pro Gruppe getestet. Eine Post-hoc-Analyse der intraindividuellen Unterschiede nach 6 Wochen Behandlung zeigte einen signifikanten Vorteil von KPC gegenüber Placebo für die charakteristischen Symptome Reizbarkeit und Nervosität (p = 0,020 bzw. p = 0,045). In beiden Gruppen wurden 6 unerwünschte Ereignisse (UAE) als kausal mit der Behandlung zusammenhängend bewertet (Schweregrad leicht oder mittelschwer). Keine UAE führte zu einem Abbruch der Behandlung. KPC könnte daher eine sinnvolle Behandlungsoption für die symptomatische Linderung von Neurasthenie sein. Die Studie ist in Current Medical Research and Opinion frei zugänglich publiziert:  
https://doi.org/10.1080/03007995.2023.2291169.

Weiterführende Informationen zur Anthroposophischen Medizin