Materie als Phänomen, Geist als selbstbewusste Aktivität – Versuch, einen unauflösbaren Gegensatz zu transformieren

Martin Rozumek
Artikel-ID: DMS-21663-DE
DOI: https://doi.org/10.14271/DMS-21663-DE

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Materie und Geist bilden als Weltbestandteile einen unüberbrückbaren Gegensatz. Er lässt sich nur auflösen, indem man seinen Ursprung im erkennenden Menschen aufsucht. Dazu werden in diesem Beitrag die Begriffe von Materie und Geist in der Selbstbeobachtung des Denkens aufgesucht und im Sinne des Titels umgebildet. Es wird versucht, die Materie unserer erkenntnistheoretisch naiven Tendenz zu entreißen, sie zu vergegenständlichen und zum alleserklärenden Material der Welt zu machen. Stattdessen wird „Materie als Phänomen“ (Rudolf Steiner) begriffen, als Bestandteil der Sinneswelt mit dem Hauptmerkmal der Raumerfüllung. Auch hier erweist es sich als erforderlich, den naiven Begriff eines gefäßartigen Raumes zu hinterfragen und neu zu fassen. Darüber hinaus muss eine Wahrnehmung von Körperlichkeit hinzutreten, um berechtigt von „Materie“ sprechen zu können.

Die Betrachtung der Materie im Raum führt weiter zur Frage nach Gestaltungsprinzipien sinnlicher Erscheinungen, objektivierend gesprochen: nach den gestaltbildenden und den beziehung- oder zusammenhangschaffenden Kräften, die Steiner als Elemente und Äther beschreibt. Sie werden als geistige Kräfte charakterisiert, die in der phänomenologisch verstandenen materiellen Welt gestaltend wirksam sind.

Ergebnis dieser Untersuchungen ist ein an der sinnlichen Erscheinung orientiertes begrifflich transparentes Verständnis der materiellen Welt einschließlich in ihr wirksamer geistiger Kräfte, das auf unberechtigte Annahmen verzichtet und Mensch und Welt in Zusammenhang hält.

Matter as phenomenon, mind as self-conscious activity – attempt to transform an indissoluble opposition

As components of the world, matter and spirit form an irreconcilable opposition. It can only be resolved by seeking its origin in the cognisant human being. To this end, this article seeks out the concepts of matter and spirit in the self-observation of thought and transforms them in the sense of the title. An attempt is made to wrest matter from our epistemologically naïve tendency to objectify it and make it the all-explanatory material of the world. Instead, we understand “matter as a phenomenon” (Rudolf Steiner), as a component of the sensory world with the main characteristic of filling space. Here, too, it proves necessary to question and recast the naïve concept of a vessel-like space. Furthermore, a perception of corporeality must be added in order to be able to speak justifiably of “matter”.

The consideration of matter in space leads further to the question of the principles of design of sensory phenomena, objectively speaking: of the forces that create form and the forces that create relationship or coherence, which Steiner describes as elements and ethers. They are characterised as spiritual forces that are active in shaping the phenomenologically understood material world.

The result of these investigations is a conceptually transparent understanding of the material world, including the spiritual forces at work in it, which is oriented towards the sensual appearance and which dispenses with unjustified assumptions and keeps man and the world in context.

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