Stoffe und Prozesse – Erkundungen im Grenzgebiet zwischen dem Physischen und dem Ätherischen von Mensch und Natur

Martin Rozumek
Artikel-ID: DMS-21689-DE
DOI: https://doi.org/10.14271/DMS-21689-DE

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Form und Substanz stehen sich polar gegenüber. Der Zugang zur Substanz erfolgt vornehmlich willensartig. Daher sind isolierte Substanzen – „Stoffe“ – immer an menschliches Tun gebunden, sie sind keine bloßen Naturgegenstände. Was ändert sich, wenn sie aus ihrem Ursprungszusammenhang herausgelöst werden?

Mit dem Konzept der Teilhabe der Dinge an den Ideen (Platon) sowie der Aristotelischen Lehre von den vier Ursachen lässt sich dieses Problem begrifflich handhaben. Anregungen Rudolf Steiners, die von verschiedenen Autoren aufgegriffen wurden, ermöglichen es, stoffliche Zusammenhänge konkreter zu verstehen: Stoffe als Kräftegefüge sowie als festgehaltene Prozesse zu begreifen und das Substanzverständnis menschenkundlich zu differenzieren, insbesondere physische und belebte Substanz zu unterscheiden. Damit ergibt sich ein Verständnis von Stoffen im Wechselspiel der Kräfte, insbesondere des chemischen und des Lebensäthers, und ihrer Einbettung in übergeordnete Zusammenhänge wie den ausgebreiteten Organismus der Erde einschließlich des mikrobiellen Lebens oder den individualisierten Organismus eines höheren Lebewesens. „Stoffe“ in diesem Sinne dürfen allerdings nicht mehr als tote Materien gedacht werden, sondern als Komplexe physischer und ätherischer Kräfte, die miteinander und mit Organismen in Beziehung treten.

Substances and processes – explorations in the borderland between the physical and the ethereal of man and nature

Form and substance are polar opposites. Access to substance mainly takes place volitionally. Accordingly, isolated substances – “material” – are always bound to human action, they are not only natural objects. What changes when they are detached from their original context?

With the concept of the participation of things in ideas (Plato) as well as the Aristotelian doctrine of the four causes, this problem can be handled conceptually. A number of Rudolf Steiner’s suggestions, which have been taken up by various authors, prove further helpful: to understand substances as force structures as well as fixed processes and to differentiate the understanding of substance in terms of human science, in particular to distinguish physical and animate substance. This results in an understanding of materials resp. substances in the interplay of forces, especially chemical and life ether, and their embedding in higher-level contexts such as the spread organism of the earth, microorganisms as well as the individualised organisms of higher living beings. “Materials” in this sense, however, must no longer be thought of as dead matter, but as complexes of physical and etheric forces that interact with each other and with organisms.

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