Palliativmedizin

Matthias Girke

Letzte Aktualisierung: 21.03.2019


Palliativmedizin wird – der Weltgesundheitsorganisation (WHO) folgend – als aktive, ganzheitliche Behandlung von Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung und begrenzter Lebenserwartung verstanden, in der die Therapie von Schmerzen und anderen Krankheitsbeschwerden, von psychologischen, sozialen und spirituellen Fragen höchste Priorität besitzt (1, 2, 3). Die anthroposophische Palliativmedizin arbeitet in diesem Sinne mit einem geisteswissenschaftlichen Menschenverständnis, das der Patientenbetreuung den Entwicklungsgedanken zugrunde legt. Sie umfasst neben der suffizienten Beeinflussung der klinischen Symptomatik die auf die Lebensorganisation bezogenen therapeutischen Maßnahmen, sowie die Berücksichtigung des seelischen und geistigen Wesens des Patienten. Dabei verlangen die spirituellen Fragen des Patienten eine besondere Sorgfalt und führen zu Anregungen für die meditative Arbeit oder für das Gebet.

Erlebt der Patient auch in der palliativen Erkrankungsphase Perspektive und kontinuierliches therapeutisches Engagement, so stärkt sich seine Kraft und Motivation, seinen Weg zu gehen. Seit langem sind Studien bekannt, die für eine prognoseverbessernde Wirksamkeit der Palliativmedizin sprechen (4). Damit kann diese nicht mehr als ausschließlich symptomorientierte Behandlungsphase verstanden werden, sondern bekommt ihren eigenen therapeutischen Stellenwert. Das Entscheidende der anthroposophischen Palliativmedizin ist der entwicklungsorientierte Therapieansatz: Es handelt sich nicht um die „finale“ Begleitung, sondern um die Vorbereitungs- und Entwicklungszeit, die ihre Früchte schon während der palliativen Begleitung zeigen kann und für das zukünftige Schicksal des Patienten vorbereitet. Aus dieser Gesinnung entwickelt sich die therapeutische Beziehungsgestaltung zum Patienten, die gerade in der palliativen Betreuung Nähe und Schicksalsverbundenheit entstehen lässt.

Abb.: Rezeptive Musiktherapie auf palliativmedizinischer Station. © Laura Piffaretti

 

Literaturverzeichnis

  1. Definition der World Health Organization 2002, verfügbar unter https://www.who.int/cancer/palliative/definition/en (14.3.2019)
  2. Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin e. V., Deutscher Hospiz- und Palliativverband e. V., Bundesärztekammer (Hrsg.) Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland. 2010.
  3. Müller-Busch HC. Was bedeutet bio-psycho-sozial in Onkologie und Palliativmedizin. Behandlungsansätze in der anthroposophischen Medizin. Jahrbuch der Psychoonkologie der ÖGPO. Wien: Österreichische Gesellschaft für Psychoonkologie; 2004.
  4. Temel JS, Greer JA, Muzikansky A, Gallagher ER, Admane S, Jackson VA, Dahlin CM, Blinderman CD,  Jacobsen J,  Pirl WF, Billings JA, Lynch TJ. Early palliative care for patients with metastatic non-small-cell lung cancer. New England Journal of Medicine 2010;363(8):733-742.[Crossref]

Neues aus der Forschung

Misteltherapie in Ergänzung zur Standard-Immunbehandlung bei Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs weist auf verbesserte Überlebensrate hin
Die Immuntherapie mit PD-1/PD-L1-Inhibitoren hat die Überlebensraten von Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) erheblich verbessert. Die Ergebnisse einer Studie mit realen Daten (RWD), in der die zusätzliche Gabe von Viscum album L. (VA) zur Chemotherapie untersucht wurde, haben einen Zusammenhang mit dem verbesserten Überleben von Patienten mit NSCLC gezeigt - und zwar unabhängig von Alter, Metastasierungsgrad, Leistungsstatus, Lebensstil oder onkologischer Behandlung. Zu den Mechanismen gehören möglicherweise synergistische Modulationen der Immunantwort durch PD-1/PD-L1-Inhibitoren und VA. Diese Ergebnisse weisen auf die klinische Bedeutung einer zusätzlichen VA-Therapie hin; sie besitzen jedoch naturgemäss Limitationen, da es sich um eine nicht-randomisierte Beobachtungsstudie handelt. Die Studie ist in Cancers frei zugänglich publiziert: 
https://doi.org/10.3390/cancers16081609.

 

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