Einführung in die Begründung und Geschichte der Anthroposophischen Medizin

Peter Heusser

Letzte Aktualisierung: 29.09.2020

Der Beginn der Anthroposophischen Medizin wird mit dem Jahr 1920 datiert (1, S. 306-307), als Rudolf Steiner (1861 – 1925) auf Anfrage von interessierten Pharmazeuten und Ärzten begann, Vortragszyklen über geisteswissenschaftliche Aspekte der Medizin für Fachleute zu halten (2). Diese Vorträge wurden bis 1924 fortgesetzt, sie wurden in der Regel mitstenographiert und sind bis heute in der Rudolf Steiner Gesamtausgabe in Buchform erhältlich. 1921 wurden die ersten klinisch-therapeutischen Institute in Arlesheim bei Basel in der Schweiz und in Stuttgart eingerichtet (3), und in unmittelbarem Zusammenhang damit wurden auch die ersten Laboratorien zur Heilmittelherstellung aufgebaut, aus denen dann die Firma Weleda hervorging (4). Zur Jahreswende 1923/24 wurde im Rahmen der damals neu begründeten Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum in Dornach (Schweiz) die Medizinische Sektion eingerichtet, deren Leiterin die holländische, in der Schweiz ausgebildete Ärztin Ita Wegman (1876 – 1943) war, die Begründerin des ersten Klinisch-Therapeutischen Institutes in Arlesheim. Mit Wegman zusammen verfasste Steiner die bereits erwähnte erste, 1925 publizierte Schrift über Anthroposophische Medizin „Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen“ (5).

In dieser Schrift, wie auch an vielen Stellen der medizinischen Vorträge und in anderen Zusammenhängen, wird von Steiner klar darauf hingewiesen, dass die Anthroposophische Medizin nicht in Opposition steht zur regulären naturwissenschaftlichen Medizin, sondern voll auf dieser aufbaut und dabei versucht, die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse über den Menschen durch geisteswissenschaftliche Erkenntnisse zu erweitern.

Die Erweiterung der Welt- und Menschenerkenntnis sehen wir in der von Rudolf Steiner begründeten Anthroposophie. Sie fügt zu der Erkenntnis des physischen Menschen, die allein durch die naturwissenschaftlichen Methoden der Gegenwart gewonnen werden kann, diejenige vom geistigen Menschen. Sie geht nicht durch ein bloßes Nachdenken von Erkenntnissen des Physischen zu solchen des Geistigen über. Auf diesem Wege sieht man sich doch nur vor mehr oder weniger gut gedachte Hypothesen gestellt, von denen niemand beweisen kann, dass ihnen in der Wirklichkeit etwas entspricht.
Die Anthroposophie bildet, bevor sie über das Geistige Aussagen macht die Methoden aus, die sie berechtigen, solche Aussagen zu machen.

Literaturverzeichnis

  1. Heusser P. Anthroposophie und Wissenschaft. Eine Einführung. Dornach: Verlag am Goetheanum; 2016.
  2. Steiner R. Geisteswissenschaft und Medizin. GA 312. 8. Aufl. Basel: Rudolf Steiner Verlag; 2020.
  3. van Deventer M. Die anthroposophisch-medizinische Bewegung in den verschiedenen Etappen ihrer Entwicklung. Arlesheim: Natura Verlag; 1992.
  4. Kugler W (Hrsg.) Rudolf Steiner und die Gründung der Weleda. Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe N. 118/119. Dornach: Rudolf Steiner Nachlassverwaltung; 1997.
  5. Steiner R, Wegman I. Grundlegendes für eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen. GA 27. 8. Aufl. Basel: Rudolf Steiner Verlag; 2014.

Neues aus der Forschung

Fallserie: Topische Anwendung von Viscum Album-Extrakt bei Keratinozyten-Karzinomen zeigt Remissionen 
In einer retrospektiven Fallserie wurden die Sicherheit und klinischen Auswirkungen einer topischen Anwendung von 10%igem lipophilen Viscum Album-Extrakt (VALE) bei einzelnen Fällen von kutanem Plattenepithelkarzinom (kPEK), Basalzellkarzinom (BCC) und aktinischer Keratose untersucht. Die Studienpopulation bestand aus 55 Patienten mit 74 Hautläsionen. Risikofaktoren, Begleittherapien und -erkrankungen, unerwünschte Nebenwirkungen des VALE sowie weitere relevante Informationen wurden dokumentiert. Im Ergebnis betrug die klinische Ansprechrate 78% für kPEK, 70% für BCC und 71% für AK. Die Komplettremissionsraten lagen für einzelne Läsionen bei 56% für kPEK, 35% für BCC und 15% für AK. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass VALE ein sicheres und verträgliches Extrakt ist, bei dessen Anwendung vollständige und partielle Remissionen der Keratinozytenkarzinome beobachtet werden konnten. Der Artikel ist in Complementary Medicine Research veröffentlicht: 
https://doi.org/10.1159/000537979.

 

Weiterführende Informationen zur Anthroposophischen Medizin