Fragebogen für Interviews mit Eltern behinderter Kinder

Christoph Stolzenburg

Letzte Aktualisierung: 01.06.2021

Fragebogen

Name, Geburtstag, Adresse des Kindes:
Interview mit: 
Datum: 

1. Die derzeitige Situation

1.1  Können Sie uns ein wenig von Ihrem Kind erzählen: Wie es heisst, wie alt es ist? 
1.2  Welche Behinderung liegt vor? Könnten Sie das etwas beschreiben? Kann Ihr Kind z. B. laufen? Wie bewegt es sich? Spricht es? Welche Ausstrahlung hat es? 
1.3  Wann wurde die Behinderung bemerkt? Schon in der Schwangerschaft? 
1.4  Ist Ihr Kind hauptsächlich noch zuhause? Oder wo? 
1.5  Braucht Ihr Kind eine Rundumbetreuung? Wer leistet sie hauptsächlich? 
1.6  Welche Therapien hat es derzeit? 
1.7  Wie ist Ihre familiäre Situation? Helfen sich die Eltern gegenseitig? Helfen andere mit? 
1.8  Sind noch andere Kinder da? Wie alt sind diese? 

2. Die Schwangerschaft

2.1  War es eine erwünschte Schwangerschaft? Waren Sie in "freudiger Erwartung"? Manche Mütter suchen eine Art inneres Gespräch zu ihren Kindern - oder sie haben besondere Träume, Ahnungen. Wie war das bei Ihnen? Fülten Sie irgendetwas von dem Besonderen Ihres Kindes? 
2.2  Als der Verdacht aufkam, dass etwas „nicht stimmt“, haben Sie dann gleich in weitere Untersuchungen eingewilligt, um eine sichere Diagnose zu haben oder haben Sie da gezögert? 
2.3  Als klar wurde, dass Ihr Kind beeinträchtigt sein würde, was bedeutete das für Sie? Waren Sie miteinander im Gespräch? 
2.4  Welche Rolle spielte Ihr Arzt bei der Mitteilung und bei der Begleitung? Fühlten Sie sich mit Ihren Sorgen aufgehoben? 
2.5  Was hat Ihnen in dieser ersten Zeit am meisten geholfen, sich auf dieses besondere Kind einzulassen? Zum Beispiel andere Menschen, bestimmte Gedanken, biografische Erinnerungen, religiöse Vorstellungen oder anderes? 
2.6  Haben Sie im Internet nachgeforscht? Wie ging es Ihnen dabei? 
2.7  Bei manchen Diagnose kommt die Frage der Abtreibung ins Spiel. Kam das für Sie auch in Frage? Wie denken Sie bei anderen Behinderungen - oder auch bei Vergewaltigungen - über Abtreibung?  

3. Die Geburt 

3.1  Wussten Sie schon vor der Geburt von der Behinderung? 
3.2  Meistens sind damit große Sorgen und Ängste verbunden – zum Beispiel muss ein Kaiserschnitt geplant werden und eine Intensivbetreuung nach der Geburt. Wie war das bei Ihnen? 
3.3  Wenn vor der Geburt laufend medizinische Überlegungen angestellt werden, erscheint die Geburt als ein rein biologisches Phänomen. Doch das ist nur die eine, äußere, Seite. Auf der anderen, inneren, Seite gibt auch seelische Regungen des Embryos. Eine Denkgewohnheit hierzu ist, dass sich Seele und Geist des Kindes in irgendeiner Form aus dem physischen Keim entwickeln. Aber kann das so sein und wäre das eine folgerichtige Vorstellung? Wie stellen Sie sich dazu? 
3.4  Viele Eltern drücken nach der Geburt ihres Kindes die Empfindung aus: Es ist ein Wunder … Wie ging es Ihnen als Mutter, als Sie ihr Kind zum ersten Mal in den Arm nahmen? Wie ging es Ihnen, dem Vater? 
3.5  Wie war die erste Reaktion der Verwandten, der Freunde? 

4. Die ersten Jahre

4.1  Besonders schwer und mehrfach behinderte Kinder verlangen den Eltern in den ersten Jahren sehr viel ab. Es gibt Termine bei Ärzten, im Krankenhaus, bei Therapeuten; hinzu kommen evtl. Herausforderungen wie Schlafstörungen, Nahrungsverweigerung, Krampfanfälle und andere mehr. Besonders die Mütter beschreiben manchmal ihr Leben dann wie fremdgesteuert. Haben Sie solche Belastungen erlebt? Wie können Sie diese bewältigen? Was gibt Ihnen Kraft? Was belastet Sie besonders? 
4.2  Welche Rolle spielen oder spielten für Sie die Ärztinnen oder Ärzte und Therapeutinnen oder Therapeuten? Sind Sie in einer Selbsthilfegruppe? 
4.3  Es gibt Länder, in denen behinderte Kinder derart abgelehnt werden, dass sich die Väter meist gleich aus dem Staub machen. Auch bei uns werden Partnerschaften dadurch auf die Probe gestellt. Können Sie umschreiben, wie das für Sie war und ist? 
4.4  Haben Sie noch weitere Kinder? Haben Sie das Gefühl, dass diese zu kurz kommen? Was zeichnet diese Geschwisterkinder aus? 
4.5  Gab es größere Probleme mit Behörden, Krankenkassen, Gemeinden? 
4.6  Bezüglich der gesellschaftlichen Situation: Hierzulande gibt es sehr viele Hilfsangebote für behinderte Kinder. Doch sind diese Kinder mit ihrem Anderssein wirklich in der Mitte der Gesellschaft angekommen? Können Sie hierfür eventuell ein positives - aber auch ein negatives Beispiel geben?   

5. Kindergarten und Schule

5.1  (Ggf.) Was bedeuten Kindergarten oder Schule für Ihr Kind? 
5.2  Sind sie in einer staatlichen, kirchlichen, privaten, einer Waldorf-Einrichtung? Was schätzen Sie da besonders, was vermissen Sie? 
5.3  Haben Sie Erfahrung mit Integrationshelferinnen oder -helfern? 

6. Im Rückblick

Bezogen auf das Kind 
6.1  Man kann am Anfang nicht wissen, was mit einem behinderten Kind auf einen zukommt. Viele haben Angst vor dem, was man nicht kennt. Nun im Rückblick betrachtet, und wenn Ihr Kind vielleicht schon einige Jahre alt ist: Können Sie sagen, ob es im großen Ganzen zufrieden ist? Gibt es Momente des Glückes? Was hat Sie besonders berührt? 
6.2  Abtreibungsbefürworter führen oft ins Feld, dass man einem Kind Leid ersparen wolle. Wie sehen Sie dieses Argument im Rückblick? 
6.3  Durch behinderte Menschen verschieben sich gewöhnliche Bewertungsmaßstäbe stark: „Normale“ Kinder lernen beispielsweise freies Gehen, Sprechen, Schreiben, Lesen u. a. wie von selbst. Ein behindertes Kind muss jedoch alles mit viel Mühe erringen. Vielleicht werden diese Kinder vieles nicht erreichen und doch können sie enorme innere Kräfte gewinnen. Haben Sie derartige Erfahrungen bei Ihrem Kind machen können? 
6.4  Dafür entwickeln sich oft andere Qualitäten. Können Sie dazu etwas beschreiben? 

Bezogen auf die Eltern 
Drei Schritte im Leben mit behinderten Kindern kann man gehen: 1) Man akzeptiert die Situation, denn es gibt keine Alternative. 2) Man sagt voll und ganz „ja“ zu seinem Kind: So ist es richtig, so soll es sein. 3) In diesem Ereignis ist ein Sinn verborgen. Nach diesem Sinn zu suchen, ist dann ein weiterer Schritt. 
6.5  Auch wenn Infektionen, Medikamente, genetische Konstellationen, Sauerstoffmangel u. a. während der Schwangerschaft eine Behinderung erklären, kann dennoch die Frage sein: warum gerade hier, bei diesem Kind? Für manche Eltern ist die Religiosität, der Glaube, in einer göttlichen Welt geborgen zu sein, eine stützende Kraft. Viel konkreter aber ist der Gedanke von Reinkarnation und Karma, denn damit ist die Vorstellung verbunden, dass sich ein Kind die Eltern aussucht. Wie hat sich das Verhältnis zu Ihrem Kind entwickelt? Sind Ihnen solche Fragen nach dem tieferen Sinn vertraut? Wenn ja, was half oder hilft Ihnen dabei; vielleicht gab es bestimmte Erlebnisse, Gespräche, Gedanken hierzu?  

7. Ihre Mitteilung

Wenn Sie an junge betroffene Eltern denken, die – ähnlich wie Sie einmal – sich mit diesen Fragen um die menschliche Entwicklung beschäftigen, die anders verläuft als gewöhnlich: Was ist Ihnen besonders wichtig mitzuteilen? 

Neues aus der Forschung

Phase IV-Studie: Kalium phosphoricum comp. bei Reizbarkeit und Nervosität Placebo überlegen
In einer neuen klinischen Studie wurde Kalium phosphoricum comp. (KPC) gegen Placebo an je 77 Patienten pro Gruppe getestet. Eine Post-hoc-Analyse der intraindividuellen Unterschiede nach 6 Wochen Behandlung zeigte einen signifikanten Vorteil von KPC gegenüber Placebo für die charakteristischen Symptome Reizbarkeit und Nervosität (p = 0,020 bzw. p = 0,045). In beiden Gruppen wurden 6 unerwünschte Ereignisse (UAE) als kausal mit der Behandlung zusammenhängend bewertet (Schweregrad leicht oder mittelschwer). Keine UAE führte zu einem Abbruch der Behandlung. KPC könnte daher eine sinnvolle Behandlungsoption für die symptomatische Linderung von Neurasthenie sein. Die Studie ist in Current Medical Research and Opinion frei zugänglich publiziert:  
https://doi.org/10.1080/03007995.2023.2291169.

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