Akute Bronchitis bei Erwachsenen

Empfehlungen einer internationalen Expertenkommission

Markus Krüger, Eva Streit, Christian Grah, Angela McCutcheon, Christian Birringer, Gabriele Gloger

Letzte Aktualisierung: 17.12.2019

Einführung

Die akute Bronchitis ist eine Erkrankung mit Allgemeinsymptomen und respiratorischen Beschwerden unterschiedlicher Intensität, mit Husten als Leitsymptom. Sie geht mit akut entzündlicher Irritation der Bronchialschleimhaut einher, meistens viral assoziiert, seltener bakteriell.

Bei akuter Bronchitis ohne vorbestehende chronische Lungenerkrankung gibt es in der Regel keine Indikation für eine antimikrobielle Therapie (1, 2). In Leitlinien werden Strategien zur Vermeidung von unnötigen Verordnungen antimikrobieller Therapien bereits empfohlen und auf vorbehaltliches Verordnen und eine partizipative Entscheidungsfindung zwischen Patient und Arzt verwiesen (2).

Aus Sicht der Anthroposophischen Medizin ist die akute Bronchitis eine Erkrankung, die sich in der Atmungsorganisation als Teil des Rhythmischen Systems manifestiert, ohne dort ihre eigentliche Ursache zu haben. Primär liegt ein Ungleichgewicht mit Dominanz des Nerven-Sinnessystems und geschwächtem Atmungssystem vor (3).

Basierend auf diesem Krankheitsverständnis ergeben sich die unten stehenden Therapieempfehlungen.

Symptome der akuten Bronchitis

Leitsymptom der akuten Bronchitis ist Husten.
Weitere Symptome sind variabel und können umfassen:

  • Auswurf
  • allgemeines Krankheitsgefühl (Abgeschlagenheit)
  • subfebrile oder febrile Temperaturen
  • Erkältung („Common Cold-Syndrom“)
  • Gliederschmerzen, Myalgien

Wichtig ist es, zwischen der akuten und der chronischen sowie der chronisch-obstruktiven Bronchitis zu unterscheiden. Von einer chronischen Bronchitis spricht man, wenn die Symptome Husten und Auswurf über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Jahren auftreten (4). Bei einer chronisch obstruktiven Bronchitis (COPD) liegt zusätzlich eine anhaltende und fixierte Atemwegsenge (Obstruktion) vor, die auch durch Medikamente nicht oder nur teilweise auflösbar ist (5).

Die Symptome einer akuten Bronchitis können denen einer Lungenentzündung sehr ähnlich sein. Bei folgenden Symptomen sollte daher eine ärztliche Abklärung erfolgen – ggf. Röntgenbild und klinische sowie ggf. laboranalytische Diagnostik:

  • Atemnot (Dyspnoe)
  • Atemfrequenz erhöht (Tachypnoe)
  • Fieber anhaltend oder steigend
  • Schüttelfrost
  • Bluthusten (Hämoptyse, Hämoptoe)
  • hustenunabhängiger Brustschmerz
  • Kreislaufschwäche, Bewusstseinstrübung
  • Veränderung oder Zunahme der Krankheitssymptome

Behandlungsprinzipien einer integrativen Therapie

Die akute Bronchitis kann durch folgende Therapieprinzipien behandelt werden:

Wärme: Unterstützung und Ausgleich der Körperwärme durch warme Getränke, wärmende äußere Anwendungen, entsprechende Kleidung und Vermeidung von Klimaanlagen. Besondere Aufmerksamkeit gilt kühleren Körperregionen. Fieber nicht unterdrücken, Antipyretika meiden.
Atmung: Beruhigung des Hustenreizes.
Flüssigkeit: Trinken warmer Flüssigkeiten in ausreichender Menge ist essenziell für die Funktion der Schleimhäute in den Atemwegen.
Ernährung: angepasst an das Allgemeinbefinden, z. B. sind bittere Substanzen geeignet, Süßigkeiten zu meiden.
Körperliche Schonung 
Psychosomatische Aspekte: ggf. Stressreduktion, Regulation der häufigen Reizüberflutung, z. B. durch digitale Medien.
Individuelle Aspekte: Nikotinkarenz, Medienreduktion, Lebensstilanpassung.

Krankschreibung 
Eine Krankschreibung kann notwendig sein, um eine Ausheilung zu unterstützen.

Therapie

Wärme und äußere Anwendungen

Medikamentöse Therapie

Hustentherapeutika bei akuter Bronchitis

  • Plantago Hustensaft WALA (DE) bzw. Pulmonium Hustensaft WALA (CH), 3 – 5 x tgl. 1 TL
  • Hustenelixier WELEDA, 3 – 5 x tgl. 1 TL
  • Ipecacuanha D2 oder Pulsatilla vulgaris D3 Dilution WELEDA, 3–5 x tgl. 1 TL ;
    bei trockenem Reizhusten, Würgereiz, nachts, antimikrobiell
  • Sambucus/Teucrium comp. Dilution WELEDA, 3 x tgl. 15 Tr.
  • Verbascum comp. Dilution WELEDA, 3 x tgl. 15 Tr.;
    bei trockenem, unstillbarem Husten
  • Petasites comp. Globuli velati WALA, 3 – 4 x tgl. 10 Glob.;
    bei allen Hustenarten

Husten mit zusätzlichen Symptomen

  • Anis-Pyrit Tabletten WELEDA, 4 x tgl. 2 Tbl.;
    bei zusätzlicher Heiserkeit
  • Archangelica comp. Globuli velati WALA, 4 x tgl. 10 Glob.;
    bei zusätzlichen Halsschmerzen
  • Pyrit/Zinnober Tabletten WELEDA, 3 – 4 x tgl. 2 Tbl.;
    bei katharalischen Symptomen
  • Bronchi Plantago Globuli velati oder Ampullen WALA,
    3 – 4 x tgl. 10 Glob. oder 1 – 2 x tgl. 1 Amp. s.c.;
    bei Tracheobronchitis und/oder zusätzlich Mucus plugging

Zusammensetzung der genannten Arzneimittel: Plantago Bronchialbalsam: D-Campher, Cera flava, Drosera e planta tota ferm 33c Dil. D3, Eucalypti aetheroleum, Petasites hybridus e radice ferm 33c Dil, Plantago lanceolata e foliis ferm 34c Dil., Terebinthina laricina, Thymi aetheroleum. Plantago/Pulmonium Hustensaft: Petasites hybridus e radice ferm 33c Dil, Picea abies Summitates, Plantago lanceolata, Folium rec. Sambucus/Teucrium comp.: Berberis, Fructus Dil. D6, Phosphorus Dil. D6, Sambucus nigra Dil. D3, Teucrium scorodonia Dil. D4. Verbascum comp.: Cetraria islandica, ethanol. Decoctum, Achillea millefolium, Flos, ethanol. Infusum, Pimpinella anisum, ethanol. Decoctum, Verbascum densiflorum, Fructus immat. Dil. D2. Petasitis comp.: Abies alba e summitatibus ferm 33d Dil. D2, Petasites hybridus e radice ferm 33c Dil. D2,  Plantago lanceolata e foliis ferm 34c Dil. D2. Anis-Pyrit Tbl.: Anis-Pyrit D2. Archangelica comp.: Angelica archangelica e radice ferm 33c Dil. D2, Argentum nitricum Dil. D14, Hyoscyamus niger ex herba ferm 33d Dil. D3, Pyrit Trit. D2, Salvia officinalis e foliis ferm 33d. Pyrit/Zinnober Tbl.: Pyrit Trit. D2, Zinnober Trit. D20. Bronchi Plantago: Bronchi bovis Gl Dil. D16, Bryonia cretica ferm 33b Dil. D7, Eupatorium cannabinum ex herba ferm 33c Dil. D7, Larynx bovis Gl Dil. D16, Plantago lanceolata e foliis ferm 34c Dil. D5, Pyrit Dil. D14, Tunica mucosa nasi bovis Gl Dil. D13.

Phytotherapeutika

  • Soledum® Kapseln Casella-med , 3 x tgl. 2 Kps.;
    mukolytisch und antiobstruktiv (mit Cineol)
  • GeloMytrol® forte Kapseln Bohl-Borkamp , 3 x tgl. 1 Kps.;
    bei zusätzlich Sinusitis (mit Eukalyptusöl u. a.)
  • Bronchicum® Kapsel Cassella-med (DE) oder Bronchipret® Tabletten (CH),
    3 x tgl. 1 Kps./Tbl. (mit Schlüsselblume, Thymian)

Allopathische Hustenblockade

Codeinhaltige Antitussiva, z. B. Paracodin® Teofarma S.r.l. , 1 x tgl. 20 Tr.; in Ausnahmefällen,
z. B. zum Erhalt der Nachtruhe oder situativ. Nicht als Dauermedikation einsetzen.

Therapeutika bei Allgemeinsymptomen (deutliches Krankheitsgefühl/Fieber)

  • Infludo® Tropfen WELEDA , 3 – 4 x tgl. 10 – 15 Tr. (Erwachsene)
  • Infludoron® Globuli WELEDA , 3 – 4 x tgl. 5 – 10 Glob. (Kinder und Erwachsene)
    (Synonym: Ferrum phosphoricum comp. Globuli WELEDA (CH))

Zusätzlich: Akute Bronchitis mit spastischer Komponente

  • Cuprum aceticum D3 oder D4 WELEDA,
    3 x 15 Tr. oder 1 Amp. s.c. abends bzw. zur Nacht
  • Cuprum aceticum comp. WALA,
    1 Amp. s.c. abends bzw. zur Nacht

Zusätzlich: Ältere Patienten, auch kardiale Mitbehandlung

  • Crataegus ethanol. Digestio Dilution 33 % WELEDA,
    3 x tgl. 15 Tr. oder 3 x tgl. 1 Tbl.;
    Herz/Zirkulation, aber auch für die Lunge (Dyskrinie)
  • Cardiodoron® WELEDA, 3 x tgl. 15 Tr.
    (beachte: Kontraindikation Glaukom)

Zusammensetzung der genannten Arzneimittel: Infludo: Eisenhut D3, Zaunrübe D2, Eucalyptus D2, Wasserdost D2, Phosphor D4, Sabadill D3. Infludoron: Eisenhut D4, Eisenphosphat D6, Zaunrübe D1, Eucalyptus D1, Wasserdost D1, Sabadill D1. Cuprum aceticum comp.: Cuprum aceticum Dil. D5, Nicotiana tabacum e foliis ferm 33b Dil. D9, Renes bovis Gl Dil. D5. Crataegus ethanol. Digestio: Aurum metallicum praeparatum Dil. D15, Cactus grandiflorus, ethanol. Digestio Dil. D4, ethanol. Digestio (1:3,1) aus Onopordum acanthium, Flos rec., ethanol. Digestio (1:3,1) aus Primula veris, Flos rec., Cor bovis Dil. D6, Crataegus, ethanol. Digestio Dil. D3. Cardiodoron: Onopordum acanthium, flos recens, Hyoscyamus niger, herba recens, Primula veris, flos recens.

Zusätzlich: Inhalation oder Tees

  • Kochsalz-Inhalation (NaCl 0,9%) über Ultraschall-Vernebler (2ml),
    ggf. mit Cuprum aceticum D4 1 Amp. a 1 ml;
    bei leichter obstruktiver Bronchitis
  • Dampf-Inhalation mit Kamillenblüten, Thymiantee
  • Dosieraerosole oder inhalative Therapie mit ß2-Mimetika:
    Salbutamol Fertiginhalat über Ultraschall-Vernebler;
    bei mittelschwerer, schwerer obstruktiver Bronchitis
  • Trinken von warmen Tees: z. B. mit Thymian, Holunderblüten, Lindenblüten, Salbei (ggf. mit Honig und Zitrone)

Bronchitis vom Gesichtspunkt der Anthroposophischen Medizin

Physiologie

Die Atmungsorganisation ist ein Teil des Rhythmischen Systems. Dieses vermittelt zwischen den polaren Systemen des Nerven-Sinnessystems und des Stoffwechsel-Gliedmaßensystems im Menschen. Die physiologischen Prozesse der Atmung stehen im Zusammenhang mit den seelischen Prozessen des Menschen. Eine gesunde Atmung kann als Ausdruck des ausgeglichenen seelischen Schwingungsvermögens des Menschen gesehen werden. Die Atmungsorganisation differenziert sich in obere, mittlere und untere Atemwege. Die Bronchien nehmen eine Mittelstellung ein und dienen in dieser Sicht besonders den rhythmischen Prozessen der Atmung. Die unteren Atemwege hingegen haben eine intensivere Beziehung zu den Blut- und Stoffwechselprozessen, die oberen Atemwege zu den Nerven- und Sinnesfunktionen.

Pathophysiologie

Die akute Inflammation der Atemwege ist eine Reaktion auf das Ungleichgewicht der Kräfte zwischen Nerven-Sinnessystem und Stoffwechsel-Gliedmaßensystem. Durch ein zu starkes Einwirken der Nerven-Sinnessystem-Prozesse in die Atmungsorganisation entsteht eine entzündliche Antwort. Primär geht damit die Störung vom Nerven-Sinnessystem aus, welche die Atmungsorganisation schwächt (3).

Prävention

Um die Kräfte der Atmungsorganisation zu stärken, gibt es verschiedene allgemeine Verhaltensempfehlungen und therapeutische Möglichkeiten. Dazu gehören:

  • Gesunde Ernährung
  • Nikotinkarenz
  • Regelmäßige Bewegung (in der Natur)
  • Regulierung des Wärmehaushalts
  • Vermeidung von Dysstress
  • Rhythmische Tagesstruktur
  • Heileurythmie oder Kunsttherapien
  • Therapeutische Sprachgestaltung

Literaturverzeichnis

  1. Albert RH. Diagnosis and treatment of acute bronchitis. American Family Physician 2010;82(11):1345-1350.
  2. Höffken G, Lorenz J, Kern W, Welte T, Bauer T, Dalhoff K, Dietrich E, Ewig S, Gastmeier P, Grabein B, Halle E, Kolditz M, Marre R, Sitter H (Hrsg.). S3-Leitlinien zu Epidemiologie, Diagnostik, antimikrobieller Therapie und Management von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbenen tiefen Atemwegsinfektionen. Kurzfassung. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme Verlag KG; 2009.
  3. Steiner R. Geisteswissenschaftliche Gesichtspunkte zur Therapie. GA 313. 5. Aufl. Dornach: Rudolf Steiner Verlag 2001; S. 149.
  4. Practical Approach to Lung Health: Manual on Initiating PAL Implementation. Geneva: World Health Organization (WHO); 2008, p. 33.
  5. Global initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD). Global Strategy for the Diagnosis, Management, and prevention of Chronic Obstructive Pulmonary Disease. GOLD Report 2019.   Verfügbar unter https://goldcopd.org/wp-content/uploads/2018/11/GOLD-2019-POCKET-GUIDE-FINAL_WMS.pdf (25.07.2019)

Neues aus der Forschung

Phase IV-Studie: Kalium phosphoricum comp. bei Reizbarkeit und Nervosität Placebo überlegen
In einer neuen klinischen Studie wurde Kalium phosphoricum comp. (KPC) gegen Placebo an je 77 Patienten pro Gruppe getestet. Eine Post-hoc-Analyse der intraindividuellen Unterschiede nach 6 Wochen Behandlung zeigte einen signifikanten Vorteil von KPC gegenüber Placebo für die charakteristischen Symptome Reizbarkeit und Nervosität (p = 0,020 bzw. p = 0,045). In beiden Gruppen wurden 6 unerwünschte Ereignisse (UAE) als kausal mit der Behandlung zusammenhängend bewertet (Schweregrad leicht oder mittelschwer). Keine UAE führte zu einem Abbruch der Behandlung. KPC könnte daher eine sinnvolle Behandlungsoption für die symptomatische Linderung von Neurasthenie sein. Die Studie ist in Current Medical Research and Opinion frei zugänglich publiziert:  
https://doi.org/10.1080/03007995.2023.2291169.

Weiterführende Informationen zur Anthroposophischen Medizin