Pflege und Äußere Anwendungen bei Schmerz

Matthias Girke, Britta Wilde

Letzte Aktualisierung: 08.10.2019

In der anthroposophischen Schmerztherapie haben die Äußeren Anwendungen der anthroposophischen Krankenpflege einen besonderen Stellenwert (1).

  • Bei chronischen Schmerzsyndromen des Bewegungsapparates mit angespannter und „verkrampfter“ Muskulatur bestehen positive Erfahrungen mit:
    Arnika comp./cum Cupro Oleum WELEDA.

  • Ziehende, „hellere“ Schmerzen, gerade auch im Bereich der Halswirbelsäule, wie auch radikuläre Schmerzsyndrome sind oftmals zu beeinflussen mit:
    Aconit Schmerzöl WALA.

In der stationären Schmerztherapie werden diese Schmerzöle indikationsabhängig dem Patienten zur bedarfsweisen Applikation geben. Ihre spezifische Anwendung erfolgt im Rahmen der Rhythmischen Massage oder der Rhythmischen Einreibungen.

  • In der Palliativmedizin bewährt sich bei Metastasenleber und Kapselschmerz der: 
    Achillea millefolium (Schafgarbe)-Leberwickel.
    Durchführung: 1 Teelöffel Schafgarbenkraut mit 300ml kochendem Wasser. Das Wringtuch mit eingerolltem Innentuch wird mit dem Tee getränkt, ausgewrungen und anschließend appliziert. Das feuchte Innentuch kann umso heißer aufgelegt werden, je gründlicher es ausgewrungen worden ist.
    Siehe auch: http://www.pflege-vademecum.de/schafgarbe.php

Die äußeren Anwendungen werden jeweils durch entsprechende Arzneimittel – beim Kapselschmerz der Leber z. B. Stannum, Bryonia – ergänzt.

  • Bei abdominellen Schmerzen infolge einer Peritonealkarzinose kann bei meteoristischem Beschwerdebild eindrückliche Beschwerdebesserung bringen der: 
    Kümmel-Öllappen (Oleum Carum carvi 10 %) als lokale Einreibung oder Öllappen.

  • Bei krampfartiger abdomineller Schmerzsymptomatik bewährt sich:
    Oleum chamomilla 10 % als lokale Einreibung oder Öllappen (2).

  • Bei einem Schmerzsyndrom infolge ossärer Metastasierung wird empfohlen:
    Solum uliginosum comp. Oleum WALA oder
    Arnika comp. /cum Cupro Oleum WELEDA (krampfartige Schmerzsymptomatik)
    jeweils als lokale Einreibung oder Öllappen.

  • Bei Spannungsschmerz infolge eines Lymphödems der Extremitäten hilft:
    Borago officinalis, 6 ml Borago 20 %-Essenz, 300 ml Wasser (kühl bis hautwarm) (2)

  • Bei entzündlichen Prozessen (Erysipel, Stauungsdermatitis) ist hilfreich und lindernd der: 
    Quarkwickel (Magerquark; 250 g ergeben eine ca. 30 x 30 cm große Auflagefläche)
    Weitere Informationen siehe unter http://www.pflege-vademecum.de/quark.php .

Diese externen Anwendungen werden in der Regel einmal täglich appliziert. Die Öllappen sind mehrmals verwendbar.
Da Zustand und Bedürfnisse des Betroffenen sich oft schnell ändern, müssen die Anwendungen täglich evaluiert und ggf. angepasst werden.

Eine umfangreiche tabellarische Zusammenstellung der Indikationen, Äußeren Anwendungen, Substanzen und Wirkungen bei Schmerz finden Sie hier als PDF.

Rhythmische Einreibung zur Schmerzbehandlung

Arme, Beine, Rücken, Brust und Bauch können mit Rhythmischen Einreibungen nach Wegmann/Hauschka als Teil- oder Ganzkörpereinreibung behandelt werden. Diese Methode vermittelt eine sehr behutsame und bewusst gestaltete Berührung, welche die Körperwahrnehmung verbessert. Im rhythmischen Wechsel von Verdichtung und Lösung des Gewebes verbindet und löst sich das Geistig-Seelische mit dem Ätherisch-Physischen. Atmung, Zirkulation und Verdauung werden aktiviert und die behandelte Körperregion fühlt sich belebt und leichter an. Der schmerzgeplagte Mensch erlebt eine Gleichgewicht schaffende, ordnende Kraft, die es ihm ermöglicht, den Schmerz seelisch und physisch besser zu lokalisieren. In diesem Sinn ist die Rhythmische Einreibung ein wichtiger Bestandteil einer multimodalen Schmerztherapie.

Wickel und Auflagen bei Schmerzen

Auflagen oder Wickel verstärken die Wirkung der aufgebachten Substanz. Wenn der Patient wärmebedürftig ist, kann ein Ölwickel sehr hilfreich sein. Beim Quarkwickel ist die kühlende und entlastende Wirkung das Wesentliche. Für Menschen, die körperliche Berührung nicht zulassen können oder wollen, ist eine Auflage eine gute Alternative zu einer Rhythmischen Einreibung oder ein geeigneter Einstieg für eine spätere Behandlung. Ein gut durchgeführter Wickel gibt Hülle und Wärme.

Die Behandlung durch Äußere Anwendungen findet nicht nur oberflächlich auf der Haut statt, sondern ist immer auch eine menschliche Begegnung.

Literaturverzeichnis

  1. Girke M. Innere Medizin. Grundlagen und therapeutische Konzepte der Anthroposophischen Medizin. Kap. Anthroposophische Therapiekonzepte in der Schmerztherapie: Äußere Anwendungen. 3. Aufl. Berlin: Salumed Verlag; 2020, S. 1182-1186.
  2. Fingado M. Therapeutische Wickel und Kompressen. 6. Aufl. Dornach: Natura Verlag im Verlag am Goetheanum; 2019.

Literaturempfehlungen

Bezuijen T. Berührt werden durch Äußere Anwendungen. Ihre Wohltat und Wirkung in der onkologischen und palliativen Pflege. Rotterdam: Reith/Hendriks & partners; 2015.

Neues aus der Forschung

Phase IV-Studie: Kalium phosphoricum comp. bei Reizbarkeit und Nervosität Placebo überlegen
In einer neuen klinischen Studie wurde Kalium phosphoricum comp. (KPC) gegen Placebo an je 77 Patienten pro Gruppe getestet. Eine Post-hoc-Analyse der intraindividuellen Unterschiede nach 6 Wochen Behandlung zeigte einen signifikanten Vorteil von KPC gegenüber Placebo für die charakteristischen Symptome Reizbarkeit und Nervosität (p = 0,020 bzw. p = 0,045). In beiden Gruppen wurden 6 unerwünschte Ereignisse (UAE) als kausal mit der Behandlung zusammenhängend bewertet (Schweregrad leicht oder mittelschwer). Keine UAE führte zu einem Abbruch der Behandlung. KPC könnte daher eine sinnvolle Behandlungsoption für die symptomatische Linderung von Neurasthenie sein. Die Studie ist in Current Medical Research and Opinion frei zugänglich publiziert:  
https://doi.org/10.1080/03007995.2023.2291169.

Weiterführende Informationen zur Anthroposophischen Medizin